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Kasachstans Parteienlandschaft in Bewegung

28. Juli 2005

In den vergangenen anderthalb Monaten haben mehrere gesellschaftliche Organisationen erklärt, eine politische Partei zu gründen. Will die Staatsmacht damit die Wählerschicht der demokratischen Opposition zersplittern?

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Vorbild Ukraine? Das Symbol einer neuen Partei ist die orange FahneBild: AP

Als erster gab der Neffe des kasachischen Präsidenten, der Generalmajor des Komitees für nationale Sicherheit, Kajrat Satybaldy, gemeinsam mit einer Reihe führender Vertreter der Geistlichen Verwaltung der Muslime Kasachstans bekannt, eine auf islamischen Werten basierende Partei der Gerechten mit der Bezeichnung Ak Orda zu gründen. Ak Orda heißt übrigens auch die neue Residenz von Präsident Nursultan Nasarbajew in Astana.

Bündnis der Präsidententochter

Die Führerin der Partei Asar, die ältere Tochter von Präsident Nassarbajew, Dariga, teilte mit, das demokratische Bündnis Volksunion Kasachstans ins Leben rufen zu wollen. Sie forderte alle Parteien und gesellschaftlichen Bewegungen, die gegen einen „künstlichen Import von Demokratie von außen“ eintreten, auf, sich dem neuen Bündnis anzuschließen.

Orange Fahne

Als äußerst aktiv erweisen sich auch Professoren und Dozenten von Universitäten sowie Schullehrer. Sie erklärten, weil sie mit dem Kurs der Staatsmacht und der oppositionellen Kräfte nicht einverstanden seien, seien sie gezwungen, eine eigene politische Partei mit der Bezeichnung Bolaschak zu gründen. Ihr Symbol sei die orange Fahne.

Unternehmerpartei Atameken

Schließlich gab am 20. Juli eine Gruppe von Unternehmern, die der gesellschaftlichen Vereinigung zum Schutz der Unternehmerrechte unter der Leitung des bekannten Geschäftsmannes Wasilij Reswan angehören, bekannt, mit einer Unterschriftensammlung für die Zulassung der Partei Atameken zu beginnen. Reswan zufolge will Atameken die Interessen verschiedener sozialer Gruppen von Unternehmern in den Organen der Staatsmacht vertreten.

Oppositionspartei Alga

Am 23. Juli fand der Gründungskongress der Partei Alga (Vorwärts!) statt. Die Partei Alga will die Ziele weiter verfolgen, die sich seinerzeit die im vergangenen Winter aufgelöste Partei Demokratische Wahl Kasachstans gesetzt hatte. Somit wird die Partei Alga als Rechtsnachfolger der Demokratischen Wahl Kasachstans betrachtet. In einer von den Delegierten verabschiedeten Resolution fordert die Partei die kasachischen Behörden auf, den führenden Oppositionellen Galymschan Schakijanow unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Der kasachische Oppositionsführer Scharmachan Tujakbaj erklärte vor den Delegierten des Gründungskongresses der Partei Alga, die in Kasachstan herrschende Elite versuche zu verhindern, dass sich demokratische Kräfte an der Politik des Landes beteiligten.

Nachwahlen zum Parlament?

Interessant ist, dass gesellschaftliche Organisationen den Status einer politischen Partei erhalten wollen und gleichzeitig bekannte politische Figuren, die aus den oppositionellen Parteien Ak schol und Demokratische Wahl Kasachstans stammen, sich bemühen, durch neue politische Parteien wie die Wahre Ak schol oder Alga auf sich aufmerksam zu machen.

Was ist der Grund für die unerwarteten Aktivitäten verschiedener Parteien und Bewegungen in Kasachstan? Keiner der Parteiführer erklärte bisher, für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen. Der bekannte kasachische Politikwissenschaftler Nurbulat Masanow sagte dazu der Deutschen Welle: „Es gibt Gerüchte, wonach gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen auch Nachwahlen zum Parlament nach den Verhältniswahlrecht stattfinden sollen.“

Masanow betonte, die Gerüchte seien nicht unbegründet. Die Teilnehmer an der Sitzung der staatlichen Kommission für Demokratie beim Präsidenten des Landes seien sich darin einig gewesen, die Anzahl der Sitze im kasachischen Parlament zugunsten von Vertretern politischer Parteien zu erhöhen. Der kasachische Politologe sagte, es sei nicht auszuschließen, dass sich die in Kasachstan herrschende Elite entschieden habe, die Gründung neuer Parteien selbst zu initiieren, um die Wählerschicht der oppositionellen demokratischen Kräfte zu zersplittern.

Anatolij Weißkopf, Almaty

DW-RADIO/Russisch, 25.7.2005, Fokus Ost-Südost