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Katerstimmung in Südafrika

26. August 2010

Zwei Monate nach der Fußball-Weltmeisterschaft ist die Party in Südafrika vorbei. Seit einer Woche streiken die Beschäftigten im öffentlichen Dienst für eine bessere Bezahlung und noch ist keine Lösung in Sicht.

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Streikende Lehrer in Johannesburg (Foto: AP)
Wut und Enttäuschung nach der WM bei den Beamten in SüdafrikaBild: AP

Südafrikas Beamte sind wütend. Lehrer schließen die Schulen, Krankenpfleger blockieren die Zufahrten zu Krankenhäusern und verhindern so die medizinische Versorgung der Patienten. Um trotz der Streiks im öffentlichen Dienst die öffentliche Ordnung zu sichern, greift die Regierung hart durch: Sie schickt Militärärzte in die Kliniken und räumt die Einfahrten mit Wasserwerfern. Die Demonstranten fordern eine Gehaltserhöhung von 8,7 Prozent. Sizwe Pamla von der Gewerkschaft für Bildung, Gesundheit und den Sozialsektor, kurz NEHAWU, droht mit einem Generalstreik, wenn die Regierung das nicht akzeptiert: "Die politische Führung hat den Südafrikanern soviel versprochen. Aber es sieht nicht danach aus, dass sie es einhalten werden. Wir fordern, dass alle Versprechen, die der Öffentlichkeit und den Arbeitern gemacht wurden, eingehalten werden", so die Gewerkschafterin. Sollte dies nicht passieren, werde dafür die Regierung verantwortlich gemacht.

Vertrauen in Jacob Zuma schwindet

Südafrikas Präsident Jacob Zuma (links) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beim WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien (Foto: AP)
Bei der WM waren die sozialen Probleme Südafrikas vergessenBild: AP

Die Regierung bietet den Staatsbediensteten sieben Prozent mehr Geld – also gerade einmal 1,7 Prozent weniger, als diese tatsächlich fordern. Daraus lässt sich schließen, dass das schlechte Verhältnis zwischen Regierung und Beamten noch einen anderen Grund hat. Gewerkschafter wie Pamla erklären, die Bevölkerung verliere langsam das Vertrauen in Präsident Jacob Zuma. Der hatte im Wahlkampf ein sozialeres Südafrika versprochen. Für viele Südafrikaner war er ein Hoffnungsträger. Noch bei der Weltmeisterschaft hatte sich Jacob Zuma als strahlender Gastgeber seinen Landsleuten im Fernsehen präsentiert. Die Stimmung war gut, die Probleme vergessen. Doch jetzt fordern Gewerkschafter und Aktivisten: Der Präsident müsse endlich handeln.

WM hat soziale Probleme nicht verbessert

Nkosinathi Jikeka ist Aktivist, er kämpft für mehr Rechte für Südafrikas Arme. Vor der Weltmeisterschaft setzte er sich für die Rechte von Straßenhändlern ein und zweifelte den sozialen Nutzen der Großveranstaltung an. Mittlerweile begreifen laut Jikeka immer mehr Südafrikaner, dass die WM zwar das Image Südafrikas verbessert hat, nicht jedoch die wirtschaftliche und soziale Lage. "Die Arbeiter argumentieren: Ihr könnt doch nicht behaupten, dass es für uns kein Geld gibt, wenn ihr 67 Milliarden Rand (umgerechnet etwa 7,2 Milliarden Euro) für die WM ausgegeben habt." Diese Zahlen zeigten, dass die Weltmeisterschaft nichts an den sozialen und wirtschaftlichen Problemen der einfachen Südafrikaner geändert habe, so Jikea weiter.

Jeder Vierte ist arbeitslos

Slum in Setswetla, Alexandra, Johannesburg, Südafrika (Foto: DW)
Die Kluft zwischen Arm und Reich wächstBild: DW

Südafrikas Problem - das ist vor allem der große Unterschied zwischen arm und reich. Seit dem Ende der Apartheid hat sich die soziale Schere weiter geöffnet. Ein weißer Südafrikaner verdient heute im Schnitt mehr als sieben Mal so viel wie ein Schwarzer. Auch die Arbeitslosigkeit ist durch die Weltmeisterschaft nicht geringer geworden. Jeder vierte Südafrikaner ist ohne Job. Gerade deshalb könne die Regierung auf die Forderungen der Beamten auch nicht eingehen, erklärt Regierungssprecher Themba Maseko: "Wir wollen ja auch andere Leistungen bieten, wie Wasser und Strom für die Ärmsten der Armen. Oder auch soziale Zuschüsse für die Arbeitslosen. Das heißt: Die Gehälter der öffentlichen Beschäftigten können nicht das Budget der Regierung bestimmen", so sein Argument. Der Rest der Bevölkerung erwarte schließlich auch staatliche Leistungen. "Im öffentlichen Dienst arbeiten nur eine Million Menschen, aber im ganzen Land leben 45 Millionen Menschen.“

Am Donnerstag (26.08.2010) sollen Präsident Jacob Zuma und seine 300-köpfige Delegation von einer Chinareise zurückkehren. Erst dann erwarten Experten Bewegung im Konflikt zwischen Beamten und Regierung. Diese hatte die Gewerkschaften schon vorher gewarnt: Wenn die Arbeiter im öffentlichen Dienst mehr Gehalt erhalten sollten, müsse woanders gespart werden.

Autoren: Adrian Kriesch, Hannah Pfundt

Redaktion: Stephanie Gebert