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Katholische Kirche zu AfD: "für Christen nicht wählbar"

22. Februar 2024

Die katholische Kirche in Deutschland warnt vor Rechtsextremismus im Land. "Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar."

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Deutschland Demonstration gegen Rechts in Berlin | Eine im Ordenskleid gewandete Schwester trägt ein Plakat "Schwestern gegen Rechts"
Bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus am 21. Januar 2024 in BerlinBild: Caro Trappe/dpa/picture alliance

Ausgesprochen deutlich verurteilt die katholische Kirche völkischen Nationalismus und rechtsextreme Entwicklungen in der Gesellschaft. "Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar."

In diesem Zusammenhang gehen die Bischöfe ausdrücklich auf die in Teilen rechtsextreme Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) ein. Das ist ungewöhnlich, weil sich die katholischen Bischöfe seit 25 Jahren mit der Bewertung von politischen Parteien zurückgehalten haben.

Deutsche Bischöfe: einstimmige Erklärung gegen Rechtsextremismus

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erläuterte, die mehr als 60 Bischöfe hätten darüber lange diskutiert, es aber für notwendig erachtet. Er hob hervor, dass die Erklärung einstimmig verabschiedet wurde. 

"Nach mehreren Radikalisierungsschüben", so die Erklärung, dominiere in der AfD inzwischen eine völkisch-nationalistische Gesinnung. Die AfD schwanke zwischen echtem Rechtsextremismus, den der Verfassungsschutz einigen Landesverbänden und der Jugendorganisation der Partei attestiert, und "einem Rechtspopulismus, der weniger radikal und grundsätzlich daherkommt."  Ausdrücklich beklagen die Bischöfe Vorurteile gegen Geflüchtete, Migranten, Muslime und "immer stärker wieder" gegen Jüdinnen und Juden.

"Rechtsextreme Parolen mit Dienst in der Kirche unvereinbar"

Dabei nehmen die Bischöfe hauptamtliche Mitarbeiter und ehrenamtliche Kräfte in der Kirche in die Pflicht. "Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar." Rechtsextreme Parteien und solche, "die am Rande dieser Ideologie wuchern", könnten für Christinnen und Christen "kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar".

Rund 60 Bischöfe beraten bei ihrer Vollversammlung in Augsburg. Vorne in der Motte sitzt der Vorsitzende Georg Bätzing.
Einstimmigkeit bei der Vollversammlung der Bischöfe in AugsburgBild: Annette Zöpf/EPD-Bild/picture alliance

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte sich Anfang Dezember ebenfalls zur AfD geäußert und erklärt, deren Ausrichtung sei "mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens in keiner Weise vereinbar". Nimmt man jüdische und muslimische Mahnungen hinzu, so zeigt sich eine breite Allianz der Religionen gegen die AfD.

Zuletzt hatten einige Bischöfe an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus teilgenommen, was ungewöhnlich ist. So zeigte sich der Vorsitzender der Deutschen Bischofkonferenz, Georg Bätzing, in seiner Bischofsstadt Limburg bei einer Demo. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf warnte in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz vor Fremdenfeindlichkeit. In Augsburg kündigte Bischof Bertram Meier den Widerstand der Kirche gegen menschenverachtende und demokratiefeindliche Politik an.

Bischof Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg, spricht bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus am 17. Februar in seiner Bischofsstadt.
Gerhard Feige, Bischof von MagdeburgBild: Peter Gercke/ZB/dpa/picture alliance

Am deutlichsten wurde wohl der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Er sprach, ebenso wie der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer, in seiner Bischofsstadt. Feige warnte vor "Rattenfängern", "Brandstiftern" und mahnte: "Fallen wir nicht auf Lügen, die Verkehrung von Tatsachen und das 'Gift der einfachen Lösungen' rein!"

"AfD gefährdet Zusammenhalt der Gesellschaft"

Ostdeutsche Katholikinnen und Katholiken werden deutlicher als westdeutsche und nennen in Erklärungen ausdrücklich die AfD. Die Bewertung der Bischöfe wurde in dieser Woche auch geprägt durch Gäste, die an der Vollversammlung teilnahmen. 

Über Teilnehmern einer rechtsextremen Demonstration in Demmin (Mecklenburg), die Kreuze mitführen, sieht man als ,kirchlichen Gegenprotest den Satz "Unser Kreuz hat keine Haken".
Unter dem Motto "Unser Kreuz hat keine Haken" warnen katholische Verbände seit langem vor RechtsextremismusBild: Bernd Wüstneck/ZB/dpa/picture alliance

Vor allem trug der Auftritt von Claudio Kullmann zur Meinungsbildung bei. Der 42-Jährige ist seit gut sechs Jahren Leiters des Katholischen Büros Erfurt, der Verbindungsstelle der Kirche zur Landespolitik. In dem Bundesland erreicht die AfD bei Umfragen um die 30 Prozent und ist derzeit stärkste Partei. Der Verfassungsschutz bewertet den Landesverband der AfD als "gesichert rechtsextremistisch".

AfD verbieten?

Politikwissenschaftler Kullmann legte dar, wie ein völkischer Geist und ein AfD-nahes Denken den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Das könne sogar das Vertrauen in Freundeskreisen zerstören, so Kullmann. 

Katholikentag in Thüringen - mitten im Wahlkampf

Die Augsburger Entscheidung macht den Blick auf den anstehenden Katholikentag 2024 spannender. Katholikinnen und Katholiken treffen sich vom 29. Mai bis 2. Juni in der Bischofsstadt Erfurt, die die Landeshauptstadt von Thüringen ist. 13 Wochen später stehen in Thüringen Landtagswahlen an – mit dem AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke. Der rechtsradikale AfD-Politiker darf laut Gerichtsurteil als Faschist bezeichnet werden. Auf die Landtagswahl in Thüringen und in zwei weiteren ostdeutschen Bundesländern blickt nicht nur die Kirche mit großen Sorgen.