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Katholische Nächte in Arabien

Christoph Strack28. Mai 2016

Volle Kirchen, gläubige Gemeindeglieder und laute Muezzin-Rufe: Paul Hinder, Bischof von Arabien, kümmert sich um Christen in der islamischen Welt. Christoph Strack traf ihn auf dem Katholikentag in Leipzig.

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Christen in Dubai (Bild: picture-alliance/dpa/A. Hader)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Hader

So ein Bischof aus Arabien ist mit Wasserflasche unterwegs. Immer. Auch wenn er nicht in der Wüste ist, sondern in Leipzig auf dem Katholikentag. Der Schweizer Paul Hinder betrachtet Deutschland mit den Augen eines katholischen Würdenträgers, der in der islamischen Welt lebt und ein Land besucht, das verunsichert wird durch den Islam.

Hinder ist für gut 36 Stunden beim 100. Deutschen Katholikentag zu Gast. An dem kleinen Stand seines Sprengels steht er Rede und Antwort. Ein Beispiel dafür, dass die großen Christentreffen in Deutschland immer auch globale Bühnen sind. In die sächsische Messestadt sind Gäste, Bischöfe oder Laien aus San Salvador und Bogota und Buenos Aires gekommen. Und Jerusalem, Kiew, Nairobi und Simbabwe. Nigeria, Indien und und und... Und eben auch Abu Dhabi.

Als kleiner Junge hütete Paul Hinder gelegentlich noch Kühe auf Alpen. Nun ist er 74 Jahre alt und "Bischof von Arabien" - so lautet der Titel eines Buches, das er im Herder-Verlag vor Wochen vorlegte. In einem der weltweit größten Seelsorgerbezirke der katholischen Kirche kümmert sich Hinder mit 65 Priestern um rund eine Million Katholiken.

100. Deutscher Katholikentag in Leipzig Paul Hinder (Foto: C. Strack)
Bischof Paul Hinder betreut eine Million Christen in der arabischen WeltBild: DW/C. Strack

Zum "Apostolischen Vikariat Südliches Arabien" - so der offizielle Titel - gehören die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), der Oman, und der Jemen. "Sogar Bischöfe fragen mich manchmal: da leben Katholiken? ", sagt er im ruhigen Schweizer Idiom. "Aber das ist Weltkirche."

Die allermeisten Katholiken dort, sagt er, kämen aus dem Ausland. Entweder "Expats", offiziell entsandte Diplomaten oder Wirtschaftsvertreter, oder Arbeiter, "denen der Glaube wichtig ist". Sie kommen aus Indien und Pakistan, Sri Lanka, den Philippinen. Hinder erinnert sich an seinen Besuch in Dubai beim vergangenen Pfingstfest. Da habe er von Freitagfrüh bis Sonntagabend in mehreren Kirchen insgesamt 25 Mal in Gottesdiensten gesprochen. Und immer war die Kirche voll.

Viele Pflichten, wenig Rechte

Gelegentlich findet Hinder deutliche Worte für den Umgang mit Gastarbeitern am Golf. Er versucht dann, mit den Arbeitgebern zu sprechen und zu vermitteln. In seinen Gemeinden muss er außerdem darauf achten, dass alle Gemeindeglieder gleich wichtig sind. Er versucht, etwaige Ressentiments oder Spannungen zwischen Europäern und Arabern, Afrikanern, Indern und Philippinen von vorneherein zu vermeiden.

Er selbst sieht sich respektiert, reist ohne Leibwächter. Kritische Situationen erlebte er eher früher, als er auch noch für Saudi-Arabien tätig war, heute ein eigenes Vikariat, eine Diözese auf Probe. Gerade in den Emiraten kann Kirche in eigenen Gebäuden wirken. "Christen werden da akzeptiert", findet Hinder. Mission ist indes nicht erlaubt. Rechtlich, sagt der Geistliche, habe er den gleichen Status wie ein Hausangestellter oder ein Arbeiter.

In Hinders kirchliche Verantwortung fällt auch der Jemen. In dem vom Bürgerkrieg erschütterten Land wurden Anfang März vier Mutter-Teresa-Schwestern ermordet, ein indischer Geistlicher verschleppt. Frauen, die er kannte.

Christen in Dubai (Bild: Getty Images/AFP/K. Sahib)
Seltener Anblick: In Dubai ragt ein Kirchturm zwischen Minaretten hervorBild: Getty Images/AFP/K. Sahib

"Ich fühle mit ein Stück weit mitverantwortlich. Warum habe ich ihnen nicht befohlen, da wegzugehen, bevor es zu spät ist", fragt er sich immer noch. Mit Blick auf den nach wie vor verschleppten Priester hofft er, dass dieser noch lebt und bald freikommt. Was er so hört, stimmt ihn zuversichtlich. "Wenn jetzt einige berichten, er sei schon tot oder gekreuzigt worden, dann stimmt das nicht. Wer das sagt, will ein Opfer. Will den Konflikt schüren."

Gute Beziehung zum Scheich

Hinder ist seit über 50 Jahren Ordensmann, Kapuziner, seit gut zehn Jahren Bischof, und mit seiner Tätigkeit immer auch ein wenig Diplomat. Mehrmals erzählt er auf dem Katholikentag, dass ein Scheich ihm in Dubai vor Wochen ein Grundstück zur Verfügung gestellt habe, auf dem nun eine Kirche "und vielleicht eine Schule" errichtet werden könne.

Und dann die Debatte um den Islam in Europa und die Flüchtlinge. Hinder hat überhaupt kein Verständnis für jene Initiative, die in seiner Schweizer Heimat den Bau von Minaretten verbieten wollte. Es gehe um Offenheit. "Die meisten Muslime wollen doch in einer offenen Gesellschaft leben", ist er überzeugt. So wie die Gesellschaft Respekt gegenüber der Verfassung einfordern dürfe.

Hinder findet auch die Aufnahme von Flüchtlingen richtig. "Wenn es um Verfolgung und Not geht, müssen wir helfen." Die Vorfahren der allermeisten, die heute in Europa lebten, sagt er, seien doch selbst mal Migranten oder Flüchtlinge gewesen. Aber der Westen habe zu viel Scham damit, dass Religion einfach zum Leben gehöre. "Vielleicht sind wir am Golf ein Laboratorium, ein Lernplatz auch für andere Gebiete in der Welt."