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Katzav gesteht

28. Juni 2007

Der wegen sexueller Vergehen angeklagte scheidende Staatspräsident Israels, Mosche Katzav, soll durch eine Übereinkunft mit der Staatsanwaltschaft einer Gefängnishaft entgehen. Die Opfer sind entsetzt.

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Moshe KatsavBild: picture-alliance/dpa

Generalstaatsanwalt Menachem Masus gab am Donnerstag (28.6.) vor Journalisten in Jerusalem Einzelheiten einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung bekannt. Katzav hat demnach sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen in zwei Fällen sowie Zeugenbelästigung eingeräumt und muss den Frauen Entschädigung zahlen. Zudem muss er aus eigener Tasche Geld für Silberkelche in die Staatskasse zurückzahlen, die er bei einer privaten Feier verteilt hatte. Dafür sind weitere Anklagepunkte wegen Vergewaltigung und Korruption fallen gelassen worden. Katzav, der sein Amt seit Januar ruhen lässt, soll laut Masus eine Bewährungsstrafe erhalten und als "Akt der Verantwortung" in aller Form zurücktreten. Zu seinem Nachfolger wurde kürzlich Schimon Peres gewählt, der vom 15. Juli an Israels Staatsoberhaupt sein wird.

Der Generalstaatsanwalt erklärte, er habe sich bei einer Anhörung in einigen Punkten von den Anwälten Katzavs überzeugen lassen, die auch neue Beweise vorgelegt hätten. Eine außergerichtliche Einigung habe er jedoch abgelehnt. Man habe sich letztlich auf eine abgeschwächte Anklageschrift geeinigt. Katzav teilte mit, er habe der Übereinkunft zugestimmt, weil ihm und seiner Familie die Kraft für einen langen Prozess fehle. Er habe nur zugegeben, seine Mitarbeiterinnen aus Sympathie geküsst und umarmt zu haben.

Zweites Mal Opfer

Die Opfer Katzavs reagierten empört auf die Vereinbarung. Ihre Mandatin sei ein zweites Mal zum Opfer geworden, sagte Kinneret Baraschi, die eine der beiden Frauen vertritt. Eine Anwältin für Frauenrechte warnte, der Ausgang des Verfahrens entmutige Frauen, Übergriffe anzuzeigen. "Die Opfer sexueller Verbrechen bekommen den Eindruck, keinen Schutz zu erhalten", sagte Sahawa Gal-On, die auch im Parlament sitzt. Sie warf Masus moralische Feigheit vor. Der beispiellose Fall hat in Israel heftige Diskussionen ausgelöst. Frauengruppen klagen seit langem, dass sexuelle Belästigungen und Übergriffe am Arbeitsplatz von den Behörden nicht ernst genommen würden.

Insgesamt hatten sich zehn Frauen über Katzav beschwert. Die erste Beschwerdeführererin, deren Vorwürfe ganz fallen gelassen wurden, hat bereits eine Klage vor dem Obersten Gericht in Jerusalem gegen die Vereinbarung eingereicht. Auch Bürgerrechts- und Frauenrechtsorganisationen sowie Rechtsexperten kritisierten die Übereinkunft zwischen dem Präsidenten und der Staatsanwaltschaft scharf.

Es ist das erste Mal, das ein israelischer Staatschef sexuelle Vergehen im Amt eingesteht. Das Land ist allerdings Skandale seiner politischen Führungsriege gewohnt: Katzavs Vorgänger Eser Weizman gab den Posten auf, weil er teure Geschenke eines französischen Millionärs angenommen hatte. (sams)