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Kaukasische Händel

Deborah Wild/dk26. August 2002

Das Pankisi-Tal, in dem Tschetschenen unbehelligt operieren konnten, war Moskau stets ein Ärgernis. Auch die USA hatten deshalb Militärberater nach Georgien entsandt. Ein Hintergrund von DW-WORLD.

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Russland will die Macht im strategisch bedeutenden KaukasusBild: AP

Wilde Spekulationen rankten sich im Hinblick auf den internationalen Terrorismus um das nördlich der georgischen Hauptstadt Tiflis gelegene Pankisi-Tal. Zu Beginn des Jahres 2002, nach dem Angriff auf Afghanistan, mutmasste der russische Außenminister Igor Iwanow gar, es sei nicht ausgeschlossen, dass sich Osama bin Laden in der georgischen Pankisi-Schlucht aufhalte.

Anarchie im Pankisi-Tal

In Georgien hielt man solche Äüßerungen stets für Säbelrasseln, dennoch nahm man die versteckten Drohungen des russischen Nachbarn ernst. 700 Kilometer Hochgebirge trennen die georgische Kaukasusrepublik im Norden von Russland. Seit Beginn des russischen Krieges in Tschetschenien 1992 haben mehr als 7000 Flüchtlinge ihren Weg über die Grenze nach Georgien gefunden. Unter ihnen wurden stets auch tschetschenische Rebellen, Drogen- und Waffenschmuggler vermutet. Die georgischen Grenztruppen und Sonderkommandos konnten dagegen bisher nichts ausrichten. Die Regierung in Tiflis hatte schon lange die Kontrolle über das Gebiet von nicht mehr als 100 Quadratkilometern verloren.

Druck aus Moskau

Moskau forderte daher, selber einschreiten zu dürfen. Michail Saakaschwili, ehemaliger Justizminister und Oppositionsführer im Parlament von Tiflis erklärt, warum dies von Georgien bisher abgelehnt worden war: "Wenn die Tschetschenen den Eindruck haben, die Georgier eröffnen gegen sie eine zweite Front zu Gunsten Russlands, dann könnte es zu terroristischen Anschlägen gegen Georgiens Hauptstadt kommen." Offenbar haben die Georgier durch die Unterstützung von außen nun etwas mehr Mut zum Eingreifen im eigenen Land gehabt.

Georgien: Schwache Staatsmacht

Andererseits will Moskau das früher zur Sowjetunion gehörende Georgien nicht aus seinem Einflussbereich entlassen. So weigert sich das russische Militär, seine drei verbleibenden Stützpunkte in Georgien komplett zu räumen. Einer der Stützpunkte liegt in der abtrünnigen Region Abchasien. Anfang der neunziger Jahre versuchten die Abchasen sich gewaltsam von Tiflis zu lösen. Dabei wurden sie mit Waffen und freiwilligen Kämpfern aus Russland unterstützt. Der Graben zwischen Russland und Georgien wird aber auch durch andere dramatische Ereignisse deutlich, sagt der amerikanische Georgien-Experte Stephen Jones: "Es gab zwei Attentatsversuche auf Schewardnadse, einen 1995 und einen 1998. Nun ist die Frage, wer diese Attentatsversuche unterstützt hat. Diese waren rafiniert und gut geplant. Niemand hat klare Beweise, aber viele Indizien deuten auf russische Verbindungen hin."

Georgien mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern bildet nicht nur eine Brücke zwischen der islamischen Welt und dem christlichen Europa. Das Land besitzt eine wichtige strategische Bedeutung, denn durch Georgien laufen wichtige Transport- und Kommunikationswege. So sollen auch die Öl- und Gasvorkommen des kaspischen Meeres mit Hilfe einer Pipeline durch Georgien in die Türkei befördert werden. Die Amerikaner engagieren sich deswegen schon länger in der Region. Bereits seit 1996 existieren mehrere Abkommen, die Tiflis militärische Hilfe Washingtons zusichern. Für die Ausstattung und Ausbildung der desolaten georgischen Armee gaben die Amerikaner allein im Jahr 2000 35 Millionen US-Dollar aus. Das Verteidigungsministerium in Tiflis hat ein Budget von weniger als der Hälfte dieses Betrages.

Auch die Vereinigten Staaten wollen ins Boot

Washington hatte zudem Militärberater in die Region entsand. Der Grund liege klar auf der Hand, wie Sakaaschwili ausführt: "Das Pankisi-Tal war das Betätigungsfeld eines sehr interessanten Netzwerkes. Dies gehört offiziell nicht zu Al-Kaida, es ist ein anderes Netzwerk, das von der saudischen Regierung finanziert wurde. Und es scheint, dass einige Leute dieses Netzwerkes seit dem 11. September sehr aktiv mit Bin Ladens Leuten zusammengearbeitet haben."
Russland ist nun mit der georgischen Operation den Amerikanen zuvorgekommen.