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„Kaum Chancen für demokratischen Durchbruch in Aserbaidschan“

17. November 2005

Seit den Protesten der Opposition gegen Wahlfälschungen ist Aserbaidschan beinahe aus den Schlagzeilen verschwunden. Im Interview mit DW-RADIO bewertet der aserbaidschanische Politologe Rasim Musabekow die Lage.

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Protestkundgebung der Opposition in Baku (9.11.2005)Bild: AP

DW-RADIO/Russisch: Welchen Sinn haben die Aktionen der Opposition? Sie erinnern eher an Sisyphusarbeit.

Rasim Musabekow: Wissen Sie, Demokratie ist eben so. Es gibt Sisyphusarbeit, wenn man Demokratie vorantreiben will. Jedenfalls war die aserbaidschanische Demokratie unter noch schlechteren Bedingungen aktiv - in den Jahren 1993, 1994, 1995, als es großangelegte Repressionen gab, oder auch 2003, als nach den Präsidentschaftswahlen fast 1000 Personen festgenommen und ins Gefängnis geworfen wurden. Viele Menschen wurden damals vom Arbeitsplatz entlassen. Aber die aserbaidschanische Opposition hat dem Stand gehalten und setzt ihren Kampf für demokratische Veränderungen in Aserbaidschan fort. Eine andere Frage ist, ob ein demokratischer Durchbruch bald gelingen wird. Ich denke, dass dafür kaum Chancen bestehen, weil die aserbaidschanische Opposition nicht über genügend Ressourcen verfügt – Medien, Finanzen, Verwaltung, also das, was die Opposition in Georgien und in der Ukraine hatte.

Die aserbaidschanische Opposition genießt auch nicht die Unterstützung des Westens. Warum?

Ich würde nicht sagen, dass sie keine Unterstützung genießt. Wenn es keine Unterstützung gäbe, dann könnte die aserbaidschanische Staatsmacht die Opposition einfach ersticken. Die Reaktion des Westens ist in vielerlei Hinsicht pragmatisch. Man geht von der heutigen realen Situation aus. Realität ist, dass man hier auch auf den Iran schauen muss. Wenn der aserbaidschanische Staat schwach wird, Anarchie und Chaos entstehen, dann könnten dies radikale Islamisten ausnutzen. Der Iran könnte dann, wie in Tadschikistan, Einfluss ausüben, was dem Westen auf keinen Fall recht wäre. Außerdem bewertet der Westen die Kraft der Opposition realistisch: Er versteht, dass derzeit bessere Ergebnisse erzielt werden können, wenn die Aufrechterhaltung wenigstens einer Demokratiebewegung gespielt wird - wenn es schon nicht gelingt, sie zum endgültigen Sieg zu führen.

Das Gespräch führte Andreas Brenner

DW-RADIO/Russisch, 16.11.2005, Fokus Ost-Südost