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Kein Ausweg für Libyen

3. August 2014

Nicht wenige Libyer sehen im neugewählten Parlament ihre letzte Hoffnung. Doch nicht alle Abgeordneten erschienen zur ersten Sitzung. Derweil sind immer mehr Ausländer aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen.

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Ein Kämpfer der Zintan-Brigade schaut auf das brennende Treibstofflager am Flughafen Tripolis (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Eigentlich sollte das Parlament an diesem Wochenende seine Arbeit aufnehmen. Das erste Treffen der Volksvertreter wird jedoch von einer Welle der Gewalt überschattet. Libyen erlebt die schwersten Kämpfe seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar Gaddafi vor drei Jahren.

Vorsichtshalber war die Sitzung der Abgeordneten in die mehrere Hundert Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis gelegene Stadt Tobruk verlegt worden. Bereits am Samstag hatten sich dort mehr als 150 Gewählte versammelt. Weil aber etliche Parlamentarier fehlten, wurde das Treffen zu einer Vorbereitungssitzung erklärt, wie die Nachrichtenseite "Libya Herald" berichtet. Nun soll das Parlament am Montag offiziell seine Arbeit aufnehmen.

22 Tote am Wochenende

Viele Libyer verbinden mit dem neuen Abgeordnetenhaus die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt und mehr Stabilität im Land. Bei der Wahl Ende Juni waren nur unabhängige Kandidaten und keine Parteilisten erlaubt, um politische Machtkämpfe einzuschränken. Deshalb wird sich erst nach der Bildung von Fraktionen genau zeigen, welche politische Strömung wie stark vertreten ist.

Bei den Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Milizen in Tripolis und Bengasi starben nach Angaben der Regierung allein an Samstag und Sonntag insgesamt 22 Menschen. Mehr als 70 Verletzte seien in Krankenhäuser eingeliefert worden. Weiter umkämpft ist vor allem der bereits schwer beschädigte internationale Flughafen in der Hauptstadt. Dort ist ein brennendes Treibstoffdepot nach wie vor nicht unter Kontrolle (Artikelbild).

Die Regierung der Philippinen rief tausende Landsleute zur Ausreise auf. Viele von ihnen zögern jedoch, Libyen zu verlassen. Sie befürchten, zuhause keine Arbeit zu finden. Ein großer Teil des medizinischen Personals in Libyen stammt von den Philippinen. Sollten alle gehen, droht der Zusammenbruch des Gesundheitssystems.

Hauptstädte sind alarmiert

Mit Großbritannien wird eines der letzten westlichen Länder seine Botschaft schließen. Ein Behelfsbüro zur Aufrechterhaltung der diplomatischen Vertretung soll in Tunesien eingerichtet werden. Noch sind etwa 100 bis 300 Briten im Land. Für ihre Ausreise hat die Regierung in London ein Schiff der Royal Navy entsandt. Die "HMS Enterprise" sei auf dem Weg nach Tripolis, berichtet die BBC. "Das Risiko, ins Kreuzfeuer zu geraten, ist zu groß", begründete der britische Botschafter Michael Aron die Maßnahmen.

Frankreich hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, die Botschaft vorübergehend zu schließen und seine Staatsbürger in Sicherheit zu bringen. Die USA und die Vereinten Nationen (UN) haben ihre Vertretungen ebenfalls evakuiert. Auch Deutschland hat sein Botschaftspersonal aus Tripolis abgezogen und die Vertretung für den Besucherverkehr geschlossen. Deutsche Staatsbürger sind zur Ausreise aufgerufen, doch gab es bisher keine deutsche Evakuierungsaktion. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte: "Wir koordinieren uns eng mit den verbliebenen EU-Partnern vor Ort." Dazu gehöre auch der Transport von Staatsbürgern.

Am Samstag war in Athen eine griechische Fregatte aus Libyen mit 77 Griechen, 78 Chinesen und zahlreichen Briten, Zyprern und Belgiern eingetroffen. Deutsche befanden sich nicht an Bord. Tausende Ägypter, die seit Tagen am Grenzübergang Ras Jedir nach Tunesien festsaßen, konnten inzwischen nach und nach die Grenze überqueren.

rb/chr (afp, dpa, rtr)