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Menschenrechte 2007

Sabine Ripperger, Berlin28. Mai 2008

Der Jahresbericht von Amnesty International (AI) fiel mit dem 60. Jahrestag der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zusammen - ein eher trauriger Geburtstag. Auch der Westen wird kritisiert.

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Wächter in Guantanamo (Quelle: AP)
Wächter in GuantanamoBild: AP

Menschenrechte seien universelle Prinzipien, meinte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International (AI). Und diese Prinzipien werden weltweit noch immer massiv verletzt, wie ai im Jahresbericht 2008 feststellt. am Dienstag (27.5.2008) wurde er in Berlin vorgestellt.


"In 81 Staaten dokumentierten wir Fälle von Folter oder entwürdigender und unmenschlicher Behandlung", sagte Lochbihler bei der Präsentation des Jahresberichts. Die traurige AI-Bilanz: In 45 Staaten saßen Menschen allein aus politischen Gründen in Haft. In 24 Staaten wurden Menschen hingerichtet. 54 Staaten führten unfaire Gerichtsverfahren durch. Die Presse- und Meinungsfreiheit wurde in mindestens 77 Staaten verletzt. Und in mindestens 23 Staaten gelten Gesetze, die Frauen diskriminieren.

In mehr als 70 Staaten der Welt wird gefoltert (Foto: AI)
In mehr als 70 Staaten der Welt wird gefoltertBild: picture-alliance/ dpa

Mangelnde Selbstkritik

Amnesty kritisiert seit Jahren aber auch die fehlende Selbstkritik westlicher Staaten, was ihre eigene Menschenrechtspolitik angeht. Die Konsequenzen einer solchen Menschenrechtspolitik seien beispielsweise im Antiterrorkampf unübersehbar und hätten weit reichende Auswirkungen auf die eigene Glaubwürdigkeit. Der weltweite Kampf gegen Terrorismus werde zu einer globalen Sicherheitsdoktrin erhoben, die offen Menschenrechtsverletzungen erlaube und mit Straflosigkeit belohne.

2007 hielten die USA immer noch hunderte von Personen in zeitlich unbefristeter Militärhaft in Afghanistan und im Lager Guantanamo fest - ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Hinzu kämen tausende von Inhaftierten in Irak. Auch europäische Staaten hätten sich schuldig gemacht: "2007 gab es ernstzunehmende Hinweise dafür, dass sich einige EU-Staaten an Entführungen, geheimen Inhaftierungen und Überstellungen von Gefangenen an Folterstaaten beteiligt haben", sagte Lochbihler. "Sei es, dass sie vor entsprechenden Aktionen auf ihrem Territorium die Augen verschlossen haben, sei es, dass sie mit der CIA zusammenarbeiten."

Babara Lochbihler Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland Quelle: Amnesty International
Babara Lochbihler Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland

Lochbihler verwies auf den letzten Bericht des Sonderberichterstatters des Europarats, der nachgewiesen habe, dass zumindest in der Zeit von 2002 bis 2005 Geheimgefängnisse in Polen und Rumänien unterhalten wurden. Um die Geheimdienste künftig besser kontrollieren zu können, fordert Amnesty die Teilnahme eines "hochrangigen Vertreters mit Menschenrechtsprofil", etwa eines Staatssekretärs, an den Lagebesprechungen im Bundeskanzleramt.

In China nichts Neues

Der Jahresbericht geht auch auf die Situation in China ein: Während die chinesische Führung und die internationalen Sportverbände die Olympischen Spiele als Chance für die Menschenrechte präsentieren, sieht Amnesty diese Hoffnungen enttäuscht. Die Menschenrechtssituation in China hat sich nicht verbessert. "In einigen Bereichen haben Menschenrechtsverletzungen sogar zugenommen wegen der Olympischen Spiele", sagt Lochbihler. Insbesondere gelte das für die Unterdrückung von Chinesen, die sich für Menschenrechte im eigenen Land einsetzen und sich gegen Zwangsumsiedlung, über schlechte Arbeitsbedingungen und Korruption wehrten.

Den offene Umgang der chinesischen Regierung mit der inländischen wie ausländischen Berichterstattung bei der jüngsten Erdbebenkatastrophe findet AI lobenswert. Es sei jedoch nötig, weiterhin von allen Seiten aktiven Druck auf die chinesische Regierung auszuüben. Für die Zeit nach den Olympischen Spielen brauche die internationale Gemeinschaft eine wirksame Strategie, um die Menschenrechtsdebatte auf eine produktivere Ebene zu heben.

Appell an Medwedew

Tschetschenien Alltag in Grosny Schwester und Bruder am Fenster
Noch immer verschwinden in Tschetschenien MenschenBild: AP

In Russland verfolgten die Behörden 2007 abweichende politische Meinungen und Kritik mit besonderer Härte. Auch rassistische Übergriffe hätten zugenommen, heißt es im Bericht von Amnesty. Mindestens 61 Menschen kamen wegen rassistischer Überfälle ums Leben. Es gäbe auch Berichte von "Verschwindenlassen" in Tschetschenien, aber weniger als im Vorjahr. Amnesty appelliert an den neuen russischen Präsidenten Dimitri Medwedew, die Meinungs- und Pressefreiheit uneingeschränkt zu garantieren.

Besorgniserregend ist laut Amnesty die Situation in Simbabwe: Dort habe die politische Gewalt im Land Katastrophenniveau erreicht, sagte Lochbihler. Mindestens 22 Menschen seien nach den Wahlen ums Leben gekommen, Hunderte Familien mussten vor der Gewalt fliehen. Amnesty fordert die Regierung von Robert Mugabe auf, einen friedlichen Ablauf der Stichwahl am 27. Juni zu gewährleisten und umgehend Menschenrechtsbeobachter ins Land zu lassen.

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