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Politik

Kein Scherbengericht für Kanzlerin Merkel

Marina Strauß
11. Februar 2019

Annegret Kramp-Karrenbauer will Angela Merkels Flüchtlingspolitik aufarbeiten. Im "Werkstattgespräch" der CDU dominiert eine Maxime: 2015 darf sich nicht wiederholen. Wie die CDU das hinkriegen will?

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Deutschland Berlin CDU Werkstatt-Gespräch
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer und der bayerische CSU-Innenminister Herrmann sehen im "Werkstattgespräch" kein Scherbengericht für Kanzlerin MerkelBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die neue CDU-Chefin war da, Annegret Kramp-Karrenbauer, ihr Generalsekretär Paul Ziemiak, der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann auch. Außerdem Bürgermeister, Polizisten, Integrationslotsen, Verwaltungsrichter, Grenzschützer, Migrationsexperten.

Nur eine fehlte: die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Bei einem zweitägigen "Werkstattgespräch" in Berlin arbeitete die CDU die Flüchtlingspolitik seit dem Jahr 2015 auf. Eine Politik, die untrennbar mit Merkel verbunden ist. Sie war es, die im Sommer sagte, "Wir schaffen das", die dann beschloss, die deutschen Grenzen nicht zu schließen mit der Folge, dass Hunderttausende Menschen in Deutschland Zuflucht suchten.

Die Abwesenheit Merkels beim Werkstattgespräch sollte eine "offene Diskussion" ermöglichen, hieß es. Die Kanzlerin selbst hatte im vergangenen Herbst ihre Partei noch aufgefordert, die Diskussion um die Flüchtlingspolitik von 2015 zu beenden. Die CDU "verplempere" damit ihre Zeit, sagte sie damals.

Deutschland Berlin CDU Werkstatt-Gespräch Kramp-Karrenbauer und Ziemiak
Die Chefin und ihr Generalsekretär: Annegret Kramp-Karrenbauer und Paul Ziemiak (li.)Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Eine Meinung, die die Anwesenden in der CDU-Zentrale in Berlin wohl nicht teilten. Bereits am Sonntagabend ging es los mit einer Expertenrunde, am Montag folgten dann vier verschiedenen "Werkstätten" zu den Themen Außengrenzschutz, Steuerung der Migration nach Deutschland, Abschiebungen und Integration.

Keine Abrechnung mit Merkel

Merkel-Gegner dürften erwartet haben, dass die Veranstaltung eine Abrechnung mit der Kanzlerin wird, doch die Innenminister von Bayern und Baden-Württemberg betonten, das Treffen sei eben dies nicht, also "kein Scherbengericht" für Angela Merkel. Die Union aus CDU und CSU müsse viel mehr nun "den Blick nach vorne richten". Was die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer angeht wurde deutlich, ja, sie will auch mit diesem bereits beim CDU-Parteitag angekündigten Werkstattgespräch ihr Profil schärfen, aber es sich auch nicht mit ihrer Förderin Merkel verscherzen.

So fordert Kramp-Karrenbauer ein "Frühwarnsystem" für Migration. Dieses sogenannte Migrations-Monitoring soll deutlich machen, wo und wie viele Menschen sich auf den Weg in Richtung Deutschland machen. Wie genau ein solches System aussehen könnte, führte die CDU-Vorsitzende allerdings nicht aus.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann schlug vor, den Zuzug nach Deutschland allgemein besser zu kontrollieren. Er hält es für eine gute Idee, Reisende ähnlich umfassend zu registrieren wie etwa in den USA. Aus seiner Sicht seien solche Kontrollen ein Normalzustand in jedem halbwegs funktionierenden Land.

"Nach der Krise ist vor der Krise"

Bei der Vorstellung der Ergebnisse des "Werkstattgesprächs" am Montagabend dominiert eine Maxime, alle scheinen sich darüber einig zu sein: 2015 darf sich nicht wiederholen. Schon alleine, weil der Streit um die Flüchtlingspolitik die deutsche Regierung fast an den Abgrund getrieben hätte und die Union aus CDU und CSU kurz vor dem Bruch stand.

Beim "Werkstattgespräch" präsentieren sich Kramp-Karrenbauer und der von der CSU entsandte Herrmann zwar harmonisch. Doch "nach der Krise, ist vor der Krise", sagte CDU-Innenpolitiker Armin Schuster. "Wir haben die Lektion aus 2015 gelernt", es habe sich um eine besondere Situation gehandelt, aber: Er sei sich dessen bewusst, dass sie sich wiederholen könne. Was also tun? Auf lange Sicht soll die Lösung ein sicherer Schengen-Außengrenzschutz sein, was konkret bedeutet, dass rund um die Mitgliedsstaaten des Schengen-Raums "Transitzonen" eingerichtet werden sollen. In diesen Zonen soll festgestellt werden, ob Menschen, die Zuflucht suchen, einen Asylanspruch haben - oder eben nicht.

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Die Innenminister von Baden-Württemberg Thomas Strobl (li.) und Bayern Joachim Herrmann (re.) mit CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Alle drei fordern, Abschiebungen zu erleichternBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Bis eine solche Regelung in Kraft treten kann - was angesichts der verfahrenen Lage in der EU momentan eher utopisch ist - fordert die CDU eine "intelligente Grenzüberwachung”. "Anlassbezogen", also wenn nötig, sollen im Grenzbereich und auch auf den Reisewegen Kontrollen durchgeführt werden, um auf "Brennpunkte zu reagieren". Die Bundespolizei soll dafür mehr Befugnisse bekommen. 

Abgelehnte Asylbewerber sollen leichter in Sicherungshaft genommen werden können. Damit soll verhindert werden, dass diese am Tag der Abschiebung untertauchen. Die CDU fordert auch, dass Asylbewerber, die eine Straftat begangen haben, schneller ausgewiesen werden können. Gewalt gegen Polizisten oder Sexualdelikte sollen zu einer sofortigen Ausweisung führen.

Wie es nun weitergeht

Ein Teil der Vorschläge soll ins Europawahl-Programm von CDU und CSU aufgenommen werden. Einige Ideen, etwa zur Beschleunigung von Verfahren, könnten von Innenministern der konservativen Union direkt umgesetzt werden. Man müsse aber auch sehen, welche Punkte CDU und CSU in der Großen Koalition mit den Sozialdemokraten auf die Agenda setzen wolle, sagte Annegret Kramp-Karrenbauer.