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Keine Annäherung

27. August 2008

Trotz aller Kritik hält Russland an seinem Kurs fest: Präsident Dimitri Medwedew verteidigte die Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien.

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USS Dallas in BatumiBild: AP

Auch die sieben wichtigsten Industriestaaten (G-7) haben die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien verurteilt. Damit habe Moskau "sein Engagement für Frieden und Sicherheit im Kaukasus in Frage gestellt", heißt es in einer Erklärung der G-7-Außenminister, die am Mittwoch (27.8.2008) vom US-Außenamt in Washington veröffentlicht wurde. Die G-7 bedaure den "übermäßigen Einsatz" von militärischer Gewalt in Georgien und die andauernde russische Präsenz in Teilen des Landes, heißt es in der Erklärung weiter. Außerdem forderten die G-7-Außenminister, den von der EU vermittelten Sechs-Punkte-Plan vollständig umzusetzen und seine Truppen hinter die vor dem Konflikt geltenden Grenzen zurückzuziehen. Der "demokratischen und rechtmäßigen Regierung" Georgiens versicherten sie ihre Unterstützung.

Differenz und Deeskalation

In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Medwedew, Russland halte den Sechs-Punkte-Plan ein. Merkel stimmte dem nach Angaben der Bundesregierung nicht zu. Merkel sagte in Berlin, sie habe deutlich gemacht, dass sie erwartet hätte, "dass man in den Gremien OSZE oder UN-Sicherheitsrat über die Frage spricht, bevor die einseitige Anerkennung erfolgt." Die Bundesregierung wirft Moskau vor, der Verbleib von Soldaten auf georgischem Kerngebiet in Pufferzonen vor Südossetien und Abchasien verstoße gegen die Abmachungen. Trotz tiefgreifender Differenzen arbeite die Bundesregierung an einer Deeskalation, hieß es. Merkel und Medwedew sollen sich am 2. Oktober in St. Petersburg treffen. Nach Kremlangaben soll Medwedew den Westen im Voraus über die Anerkennung der abtrünnigen Gebiete informiert haben.

Medwedew verteidigte seine Entscheidung. Bei internationalen Beziehungen könne man nicht "eine Regel für die einen und eine andere für die anderen" anwenden. Nach der "unrechtmäßigen" Unabhängigkeitserklärung des Kosovos sei es unmöglich gewesen, den Menschen in Südossetien und Abchasien zu erklären, dass das, "was gut für die Kosovo-Albaner war, nicht auch gut für sie sei". Der Westen hatte die Abspaltung Kosovos von Serbien anerkannt.

Spannungen auf dem Schwarzen Meer

Im Schwarzen Meer änderte ein US-Kriegsschiff mit Hilfsgütern für Georgien sein Ziel und ging so einer möglichen Konfrontation mit der russischen Marine aus dem Weg. Die USA dirigierten die mit Hilfsgütern für Georgien beladene "Dallas" von Poti nach Batumi um, da im Hafen von Poti eine Konfrontation mit russischen Soldaten drohte. Am Sonntag hatte ein erstes US-Kriegsschiff, der Zerstörer "USS McFaul", vor Batumi festgemacht. Russische Militärs äußerten die Besorgnis, an Bord könnten Waffen für Georgien sein. Der Präsident der von Russland anerkannten Provinz Abchasien, Sergej Bagapsch, bot Moskau an, zeitweise könne ein Teil der Schwarzmeerflotte an der abchasischen Küste stationiert sein.

Der russische Generaloberst Anatoli Nogowizyn
Anatoli Nogowizyn (Archiv)Bild: picture-alliance/ dpa

Das russische Militär will seine Präsenz im Schwarzen Meer sowie die Zahl seiner Soldaten in den abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien aber vorerst nicht erhöhen. Obwohl Moskau beunruhigt darüber sei, dass die NATO in Kürze offiziell zu Manöverzwecken mit 18 Schiffen im Schwarzen Meer präsent sei, plane Russland keine Entsendung weiterer eigener Schiffe, sagte Vize-Generalstabschef Anatoli Nogowizyn in Moskau. Die NATO erhöhe allerdings mit dieser massiven Präsenz die Spannungen in der Region, kritisierte der General.

Medwedew trifft Hu

Erstmals äußerte sich auch China zum Kaukasus-Konflikt. Peking sei besorgt und hoffe, dass durch Dialog eine Lösung für das Problem gefunden werde, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Medwedew traf seinen chinesischen Kollegen Hu Jintao in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe bei einem Gipfel der Schanghai-Gruppe.

Medwedew mit Aide Sergei Prikhodko und Sergei Lavrov beim Schanghai Summit in Duschanbe, AP
Medwedew in DuschanbeBild: AP

Georgische Kriegskosten beziffert

Georgien reduzierte aus Protest gegen die russische Anerkennung Südossetiens und Abchasiens sein Botschaftspersonal in Moskau auf nur noch zwei Diplomaten. Einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Moskau wolle man aber trotz des russischen Affronts nicht riskieren, hatte die Regierung in Tiflis angekündigt. Der Krieg mit Russland hat in Georgien nach Angaben der Regierung in Tiflis Schäden von rund einer Milliarde Dollar (680 Millionen Euro) angerichtet. Dies sei das Ergebnis erster grober Schätzungen, erklärte Ministerpräsident Lado Gurgenidze am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem stellvertretenden US-Wirtschaftsminister Reuben Jeffrey. Der Staatshaushalt Georgiens hat ein Volumen von umgerechnet rund drei Milliarden Dollar. Tiflis hofft auf westliche Wirtschaftshilfe zum Wiederaufbau des Landes. (sams)