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Keine bohrenden Nachfragen

8. April 2002

Für die chinesische Führung ist Bundeskanzler Gerhard Schröder längst ein "hao pengyou", ein guter Freund. Auch für die deutsche Wirtschaft lohnt sich das persönliche Engagement des Kanzlers.

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Sicherheit und Stabilität werden in China groß geschriebenBild: AP

Bei seinem Besuch im Reich der Mitte im Herbst 2001 konnte der mitreisende Managertross Verträge im Gesamtwert von mehr als fünf Milliarden Euro abschließen. Deutschland ist in Schröders Amtszeit zu Chinas größtem europäischer Handelspartner avanciert. Zu den engen Beziehungen trägt nicht zuletzt bei, dass Schröder die Chinesen beim Thema Menschenrechte mit Samthandschuhen anfasst. Dies wird bei dem sechstägigen Deutschlandbesuch von Chinas Staatspräsident Jiang Zemin, der am Montag (8. April 2002) beginnt, nicht anders sein.

Erfolgloser Rechtsstaatdialog

Zwar hieß es aus Regierungskreisen im Vorfeld der Jiang-Visite, Schröder werde das Thema Menschenrechte ansprechen - allerdings wie bislang vorsichtig im Rahmen des so genannten Rechtsstaatdialogs. "Bloß nicht nerven" könnte das umstrittene Instrument überschrieben sein, das auf offene Kritik an Menschenrechtsverletzungen verzichtet.

Der Kanzler hatte im Herbst erklärt, er sei es leid, bei seinen China-Reisen Listen mit politischen Gefangenen zu übergeben. Dies sei "nur ein Ritual". Damit enttäuschte Schröder Erwartungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai), die Missstände in China öffentlich zu kritisieren. Zudem sollte sich Schröder für die Freilassung politischer Gefangener in der Volksrepublik China einsetzen.

Stattdessen hielt der Kanzler vor Studenten der Pekinger Universität Beida ein Plädoyer für den Rechtsstaat. In "der segensreichen Verbindung" der Prinzipien Rechtstaat und Teilhabe "am Haben und Sagen in der Gesellschaft" liege eine wesentliche Grundlage der deutschen und der europäischen "Erfolgsgeschichte".

Exkutionen sind in China an der Tagesordnung

Greifbare Erfolge des "Rechtsstaatsdialogs" stellten sich indes noch nicht ein. Nach Erkenntnissen von Amnesty International wird in China jede Form von Opposition unterdrückt, und schwere Menschenrechtsverletzungen gehören zum Alltag. Davon betroffen seien insbesondere Angehörige von ethnischen und religiösen Minderheiten, etwa in der überwiegend von Uiguren bewohnten Region Xinjiang.

Jahr für Jahr werden in der Volksrepublik mehr Exekutionen bekannt als in allen anderen Ländern der Erde zusammen. Allein im Jahr 2000 waren es nach ai-Erkenntnissen mehr als 1000. Folter und Misshandlung sind im ganzen Land verbreitet. Zu Übergriffe kommt es laut ai in Polizeistationen, Haftzentren, Gefängnissen oder in Lagern zur "Umerziehung durch Arbeit". Zu den häufig erwähnten Methoden zählten Schläge, Elektroschocks, das Aufhängen an den Armen sowie der Entzug von Nahrung und Schlaf. Dutzende Menschen seien während der vergangenen Jahre an den Folgen von Folter und Misshandlung gestorben, darunter vor allem Anhänger der Falun-Gong-Bewegung.

Falun Gong Demonstration in Peking
Falun-Gong-Anhänger: Immer im Blickpunkt der PolizeiBild: AP

Auch in Tibet ist die Situation nach Hinweisen des Tibetischen Zentrums für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) alarmierend. Demnach wurden in der autonomen Region seit dem Wiederaufleben der Unabhängigkeitsbewegung 1987 Tausende von Personen verhaftet. Hunderte gewaltlose politische Gefangene blieben inhaftiert, darunter zahlreiche Nonnen und Mönche. (ddp/wga)