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Machtprobe in Kenia

15. Januar 2008

Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen fand die ersten Sitzung des kenianischen Parlaments seit der umstrittenen Wahl statt. Mit knapper Mehrheit gewann der Oppositionskandidat die Wahl zum Parlamentspräsident.

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Die konstituierende Sitzung des neuen kenianischen Parlaments, Quelle: AP
Heikel: die erste Sitzung des neuen ParlamentsBild: AP

Nach drei Wahlgängen und hitzigen Wortgefechten hat die Opposition in Kenia am Dienstag (15.1.2007) die Machtprobe um den Parlamentsvorsitz gewonnen. Für den Oppositionskandidaten Kenneth Marende stimmten 105 Abgeordnete, für den von der Regierung unterstützten Francis Kaparo 101 Parlamentarier. Die drei Abstimmungen hatten sich mehr als fünf Stunden hingezogen.

Slumbewohner in Nairobi warten auf Lebensmittel des Welternährungsprogramms, Quelle: AP
Slumbewohner in Nairobi warten auf Lebensmittel des WelternährungsprogrammsBild: AP

Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen war das neue Parlament in Nairobi zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen gekommen. Sicherheitskräfte hatten das Gebäude weiträumig abgeriegelt, um angekündigte Proteste von Menschenrechts- und Studentengruppen zu verhindern. Besonders gespannt war die Lage auch im Mathare-Slum der Hauptstadt, wo es nach den Wahlen zu schweren Schlachten gekommen war. Jugendliche errichteten dort erneut Straßensperren, gegen die die Polizei gewaltsam vorging.

Einstecktücher gegen Kibaki

Bei der live im Fernsehen übertragenen Parlamentssitzung trugen die Abgeordneten der Oppositionspartei Orange Democratic Movement (ODM) orangene Einstecktücher als Zeichen des Protests gegen Kibaki. Als der Präsident das Parlament betrat, blieben die Oppositionsabgeordneten demonstrativ sitzen. Dem Oppositionsführer Raila Odinga dagegen applaudierten sie stehend. In einem Wortgefecht versuchten Abgeordnete der Opposition, eine namentliche Abstimmung bei der Wahl des Parlamentspräsidenten zu erreichen. Nach einstündiger Diskussion wurde die Wahl neu gestartet - mit geheimer Stimmabgabe.

Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan (Archivbild), Quelle: AP
Wurde auch erwartet: Kofi AnnanBild: AP

Ursprünglich war zu der Sitzung auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan erwartet worden. Er sollte im Namen der Afrikanischen Union in Kenia vermitteln und neues Blutvergießen vermeiden. Seine Ankunft wurde jedoch aufgrund einer Grippeerkrankung verschoben.

Eigentümliche Wahlergebnisse

Die ODM erkennt die Wiederwahl von Mwai Kibaki bei der Präsidentenwahl vom 27. Dezember nicht an. Eines der Argumente der Opposition ist der eklatante Unterschied zwischen den amtlich verkündeten Ergebnissen von Präsidentschafts- und Parlamentswahl: Bei der ebenfalls am 27. Dezember abgehaltenen Parlamentswahl hatte ODM die meisten Mandate erhalten.

ODM-Oppositionsführer Odinga hatte als Präsidentschaftskandidat zwar in sechs von acht Provinzen des ostafrikanischen Landes gesiegt. Die Wahlkommission hatte dennoch Kibaki zum Wahlsieger erklärt - mit angeblich 230.000 Stimmen Vorsprung. Internationale Wahlbeobachter bezweifelten, dass die Stimmen korrekt ausgezählt wurden.

Mwai Kibaki, Quelle: AP
Umstritten: Präsident Mwai KibakiBild: AP Photo

In der neu zusammengesetzten 222-köpfigen Volksvertretung errang die PNU von Kibaki lediglich 43 Mandate, zusammen mit der Orange Democratic Movement-Kenya (ODM-K) von Vize-Präsident Kalonzo Musyoka kommt sie auf 59 Stimmen. Die ODM stellt ihrerseits 99 Abgeordnete, was bei der Wahl des Parlamentspräsidenten aber nicht für die nötige Zweidrittel-Mehrheit reicht.

Neue Demonstrationen

Zu Beginn dreitägiger Protestaktionen der Opposition in Kenia ist die Polizei am Mittwoch in mehreren Städten mit Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen. Trotz eines Verbots der Regierung hatte Oppositionsführer Raila Odinga zu Kundgebungen an 42 Orten aufgerufen. Bei ähnlichen Protesten in der Vergangenheit kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen, die Polizei setzte dabei Wasserwerfer, Tränengas und scharfe Munition gegen die Menge ein.

Nach den Wahlen waren in Kenia blutige Unruhen ausgebrochen, bei denen mehr als 700 Menschen ums Leben kamen, rund 250.000 flüchteten aus ihren Städten und Dörfern. Die Gewalt ist in den vergangenen Tagen zwar abgeebbt, dennoch blieb die Anspannung im Land angesichts der bisher gescheiterten Vermittlungsversuche und angekündigten Demonstrationen groß. (stu/ina)

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