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Kennzeichnungspflicht für Siedlerprodukte

13. Juni 2019

Stammt ein Produkt nicht aus Israel, sondern aus den von Israel besetzen Gebieten, muss das deutlich gemacht werden. Diese geltende Rechtsauffassung bestätigt ein Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs.

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Weinflaschen mit Etiketten in Nahaufnahme (Foto: Imago)
Das Unternehmen Psagot möchte nicht auf seine Etiketten drucken, dass der Wein aus besetzten Gebieten stammt (Archiv)Bild: Imago Images/Zumapress

Verbraucher müssen nach Einschätzung eines Rechtsexperten des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) darüber informiert werden, wenn in der EU angebotene Lebensmittel aus von Israel besetzten Gebieten stammen. Sonst könnten Käufer in die Irre geführt werden, argumentierte Generalanwalt Gerard Hogan in einem nun veröffentlichten Gutachten.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit in Frankreich. Der französische Staatsrat hatte den EuGH um Auslegung von EU-Recht gebeten. In dem Fall geht es um die Kennzeichnung von Waren aus dem Westjordanland und den Golanhöhen. Frankreich hatte 2016 per Erlass vorgeschrieben, dass die Etiketten von Produkten aus diesen Gebieten deren genauen Ursprungsort widerspiegeln müssen. Demnach muss "Israelische Siedlung" oder eine ähnliche Formulierung aufgedruckt sein. Das französische Wirtschaftsministerium bezog sich dabei auf eine EU-Verordnung.

Dagegen hatten die Organisation Juive Européenne ("Europäische Juden") und das Unternehmen Psagot geklagt, das auf die Nutzung von Rebflächen insbesondere in den besetzten Gebieten spezialisiert ist. Psagot ist auch der Name einer israelischen Siedlung im Westjordanland. Grund für die Klage ist offensichtlich die Sorge, Verbraucher könnten Produkte aus den von Israel besetzten Gebieten aus politischen Gründen meiden.

Mündige Entscheidung des Käufers

Genau das ist der Grund, weshalb Hogan für eine exakte Kennzeichnung argumentiert. Seiner Ansicht nach berücksichtigen die entsprechenden EU-Vorschriften auch "ethische Gesichtspunkte". Verbraucher könnten gegen den Kauf von Produkten aus einem bestimmten Land sein, weil es eine bestimmte Politik verfolge, die sie "ablehnen oder sogar verabscheuen", wird Hogan in einer Mitteilung des EuGH zitiert. So hätten etwa viele europäische Verbraucher in der Zeit der Apartheid vor 1994 den Kauf südafrikanischer Waren abgelehnt.

Israel Weinproduktion im Westjordanland
Auch die Trauben der israelischen Siedlung Ofra im Westjordanland werden vom Unternehmen Psagot verwertet (Archiv)Bild: picture-alliance/newscom/D. Hill

Der Generalanwalt erklärte weiter, die israelische Siedlungspolitik sei als "klarer Verstoß gegen das Völkerrecht" anzusehen und könne deshalb ein solcher "ethischer Gesichtspunkt" sein. Der UN-Sicherheitsrat hatte 2016 einen vollständigen Siedlungsstopp von Israel gefordert. Siedlungen wurden als Verstoß gegen internationales Recht und als großes Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet.

Noch kein endgültiger Entscheid

Der EuGH muss Hogans Argumentation nicht folgen, die Rechtsauffassungen der Generalanwälte haben jedoch in der Regel hohes Gewicht in den Beratungen des Gerichts. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.

Ende 2015 hatte die EU die Kennzeichnung von Siedlerprodukten beschlossen. Israel kritisierte dies scharf. Hochrangige israelische Beamte sagten damals, die EU messe mit zweierlei Maß. Sie wiesen darauf hin, dass die Produkte anderer besetzter Gebiete nicht gekennzeichnet werden müssten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zog den Vergleich zum Boykott jüdischer Geschäfte in Nazi-Deutschland.

ust/jj (dpa, afp)