1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Ethik-Kommission

4. April 2011

In Berlin hat die Ethik-Kommission zur Kernenergie ihre Arbeit aufgenommen. Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll sie über eine "Energiewende mit Augenmaß" beraten.

https://p.dw.com/p/10nI2
Das Atomkraftwerk (AKW) Biblis in Hessen liegt unter dunklen Wolken (Foto: Archivbild vom 10.07.2009/dpa)
Atomkraftwerke in Deutschland in der DiskussionBild: picture-alliance/dpa

Viel Zeit haben die 17 Kommissionsmitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft nicht. Bis Mitte Mai sollen sie ihre Ergebnisse vorlegen. Denn dann läuft das Atommoratorium aus, das die Bundesregierung nach dem Reaktorunglück von Fukushima verhängt hat. Sie freue sich, dass so viele sich bereit erklärt hätten, an der Arbeit mitzuwirken, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt der Beratungen am Montag (04.04.2011) in Berlin. Die Kommission werde sich mit der Frage der Sicherheit der Kernkraftwerke beschäftigen. Außerdem werde sie die Frage beantworten, wie ein schneller Ausstieg aus der Atomenergie bewerkstelligt werden könne, ohne die Klimaschutzziele und die Versorgungssicherheit aus den Augen zu verlieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU (r.) und Bundesumweltminister Norbert Roettgen (Foto: dapd)
Bundeskanzlerin Merkel und Umweltminister RöttgenBild: dapd

Zu den Mitgliedern der Ethik-Kommission gehören unter anderen der Vorstandsvorsitzende der BASF, Jürgen Hambrecht, der emeritierte Soziologieprofessor Ulrich Beck und der Erzbischof von München, Kardinal Reinhard Marx. Er machte am vergangenen Wochenende bereits deutlich, dass die Kirchen sich für einen raschen Ausstieg aus der Atomenergie aussprächen. Eine Technologie, die unabschätzbare Folgen für ganze Generationen habe, sei nicht vertrauenswürdig, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Zukunft ohne Kernenergie

Diese Einschätzung teilt auch Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister und langjähriger Chef des UN-Umweltprogramms. Er ist einer der beiden Vorsitzenden der Ethikkommission Energiewirtschaft. "Wir müssen alles daransetzen, eine Zukunft ohne Kernenergie zu erfinden", sagte er kürzlich im ZDF. Gerade ein so technologisch führendes und industriell erfolgreiches Land, wie es die Bundesrepublik Deutschland sei, müsse belegen, dass man diese Position auch ohne Kernenergie behalten könne.

Klaus Töpfer, aufgenommen während eines Interviews in Bonn. (Archivfoto/dpa)
Der Vorsitzende der Ethik-Kommission Klaus TöpferBild: picture alliance/dpa

Töpfers Ko-Vorsitzender, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft Matthias Kleiner dagegen, warnt vor einem übereilten Atomausstieg. Es wäre nichts gewonnen, wenn Deutschland seine Atomkraftwerke zwar abschalte, dafür aber Atomstrom aus dem Ausland importiere, sagte er der Financial Times Deutschland. Bei der Abwägung von Kosten und Risiken müsse man auch die Versorgungssicherheit berücksichtigen. Kleiner plädiert auch dafür, die Sitzungen der Kommission wenigstens zum Teil im Fernsehen zu übertragen, um somit die öffentliche Resonanz zu erhöhen.

Opposition: Ethikkommission ist überflüssig

Der ehemalige Umweltminister und jetzige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, sagte, es herrsche in der Gesellschaft breiter Konsens über den notwendigen Ausstieg aus der Atomenergie. Nun seien gesetzliche Schritte gefordert und erneute Beratungen in Kommissionen und Arbeitskreisen.

Die SPD sieht in der Einrichtung einer Ethikkommission zur Kernenergie ein hilfloses Instrument, mit dem die Regierung Anschluss an die Wirklichkeit in Deutschland suche. Die Bundesregierung versuche einen Konsens herzustellen, den es in Deutschland längst gebe und den sie selbst im letzten Herbst aufgekündigt habe, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles.

Im letzten Herbst hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung den von der rot-grünen Regierung beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie zurückgenommen und die Laufzeiten für die Atommeiler verlängert. Damit war sie in der Öffentlichkeit auf breiten Protest gestoßen, der durch das Atomunglück in Japan neue Nahrung bekommen hat. Vor zehn Tagen demonstrierten in Deutschland mehr als 250.000 Menschen gegen die Atomenergie, so viel wie noch nie zuvor.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Manfred Böhm