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Kirchentag zwischen Gott, Atom und EHEC

1. Juni 2011

Sind es die Folgen von Fukushima? Ist es der Umbruch in der arabischen Welt? Lange jedenfalls hat ein Protestanten-Treffen nicht mehr so viele Menschen angezogen wie der 33. Evangelische Kirchentag in Dresden.

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Kirchentagsteilnehmer versammeln sich zum Eröffnungsgottesdienst am Elbufer (Foto: dapd)
Kirchentagsteilnehmer versammeln sich zum EröffnungsgottesdienstBild: dapd

Dresden steht seit Mittwoch (01.06.2011) ganz im Zeichen des 33. Evangelischen Kirchentages: Zehntausende Menschen reisten in die sächsische Landeshauptstadt, wo sie bis Sonntag unter dem biblischen Motto "...da wird auch dein Herz sein" beten und über aktuelle politische Fragen diskutieren wollen. Dazu zählen unter anderem der Atomausstieg, die Integration von Zuwanderern wie auch der Umbruch in den arabischen Ländern. In einer Rede während des Eröffnungsgottesdienstes am Elbufer sagte Bundespräsident Christian Wulff, er sei auch 22 Jahre nach dem Mauerfall "tief bewegt", dass ein Evangelischer Kirchentag in Dresden stattfinden könne. Dies sei nur möglich, weil es unter der SED-Herrschaft mutige Christen gegeben habe. "Weil es offene Kirchen gab, die dem Protest, der Opposition, ein Obdach gegeben haben." Dies habe eine Diktatur gestürzt und Deutschland verändert.

"Zum Pionierland der Ökumene werden"

Bundespräsident Christian Wulff beim Eröffnungsgottesdienst (Foto: dapd)
Prominenter Besucher in Dresden: Bundespräsident Christian WulffBild: dapd

Der Bundespräsident forderte zugleich ein stärkeres Engagement der evangelischen und der katholischen Kirche in Fragen der Ökumene: "Viele Menschen in beiden Kirchen wünschen sich, genau wie ich, mehr ökumenische Zusammenarbeit, mehr Mut, aufeinander zuzugehen, mehr gemeinsames Handeln und Beten." Die christliche Botschaft sei in Zukunft nur glaubwürdig, wenn sie von allen Christen gemeinsam bezeugt werde. "Das Land der Reformation sollte noch mehr das Pionierland der Ökumene werden."

Rund 60.000 Menschen nahmen an dem Eröffnungsgottesdienst teil, beim anschließenden Abend der Begegnung rechneten die Organisatoren mit 250.000 Teilnehmern. Mit knapp 118.000 angemeldeten Dauerteilnehmern ist der diesjährige Evangelische Kirchentag der am besten besuchte seit 1995. Ungefähr jeder dritte Teilnehmer kommt aus einem der neuen Bundesländer. Es ist erst das zweite Mal seit der Wiedervereinigung, dass das von den protestantischen Laien organisierte Treffen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stattfindet. An dem fünftägigen Treffen in Dresden werden auch tausende Katholiken teilnehmen, darunter der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch.

Von der großen Resonanz überrascht

Das Martin-Luther-Denkmal vor der Frauenkirche in Dresden - versehen mit einer Kirchentagsfahne und einem Kirchentagsschal (Foto: dapd)
Das Martin-Luther-Denkmal vor der Frauenkirche in Dresden - "angereichert" mit Kirchentagsfahne und - schalBild: dapd

Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt räumte ein, von der großen Resonanz überrascht worden zu sein. Als Ursache sieht sie nicht nur eine große Anziehungskraft der sächsischen Landeshauptstadt. Die von Finanzkrise und japanischer Atomkatastrophe überschatteten Zeiten führten zu großem Diskussionsbedarf. Bürger wollten mehr denn je an politischen Diskussionen beteiligt werden. "Dafür bietet der Kirchentag ein Forum", betont die Grünen-Politikerin.

Zu den unzähligen Podien mit politischen, kirchlichen und ethischen Themen kommen Gottesdienste, Andachten, Vorträge, Konzerte, Theater - insgesamt 2.300 Veranstaltungen. Viele Prominente reisen an die Elbe, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Thomas de Maizìere, SPD-Chef Sigmar Gabriel, Sängerin Nina Hagen, Schauspielerin Iris Berben sowie der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, und seine Vorgängerin Margot Käßmann.

Logistischer Kraftakt und EHEC-Gefahr

Zwei herzhaft lachende Teilnehmerinnen des Kirchentages (Foto: dapd)
Gute Stimmung ist bei vielen Teilnehmern - und auch Teilnehmerinnen - vorprogrammiertBild: dapd

Das Mammuttreffen in Dresden macht in den kommenden Tagen einen logistischen Kraftakt notwendig. Im Nahverkehr rolle alles, was Räder habe, versichern die Verantwortlichen für Bus und Bahn. Knapp 40.000 Gäste kommen in Gemeinschaftsunterkünften wie Schulen unter. Bäcker leisten Überstunden und liefern Hunderttausende Brötchen extra. Zelte mit einer Gesamtfläche von 30.000 Quadratmetern wurden aufgebaut, Sanitäter sind auf schnelle Hilfe vorbereitet.

Dies gilt nicht zuletzt auch wegen des EHEC-Darmkeims. Die Kirchentagsleitung kündigte kurz vor der Eröffnung an, dass Gurken, Tomaten und Blattsalat von den Speiseplänen gestrichen worden seien. Das sächsische Gesundheitsministerium forderte die Teilnehmer im Vorfeld zur gründlichen Hygiene auf und will während des Kirchentags vor Ort über Schutzmaßnahmen informieren.

Autor: Stephan Stickelmann (afp, dapd, dpa, epd, kna, rtr)
Redaktion: Hajo Felten