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Kirgisistan: Dauerprotest der Opposition gewaltsam aufgelöst

26. April 2007

In Kirgisistan sind die Oppositionskundgebungen gewaltsam durch die Miliz beendet worden. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Provokationen vor. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.

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Sicherheitskräfte greifen einBild: AP

Die Generalstaatsanwaltschaft Kirgisiens hat aufgrund der Unruhen im Zentrum von Bischkek, zu denen es während der unbefristeten oppositionellen Protestaktion am vergangenen Donnerstag (19.4.) gekommen ist, Ermittlungen eingeleitet. Zuvor hatte die Miliz die Kundgebung gewaltsam aufgelöst, nachdem es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Kräften der Rechtsschutzorgane gekommen war.

Die Ermittler des Staatskomitees für Nationale Sicherheit Kirgisistans haben bereits alle Führer der Oppositionsbewegung "Vereinigte Front", darunter auch Feliks Kulow, vernommen. Vorerst werden sie in der Strafsache als Zeugen geführt, die wegen der Massenunruhen vom 19. April eingeleitet wurde. Generalstaatsanwalt Elmursa Satybaldijew erklärte: "Im Rahmen dieser Strafsache wird über die strafrechtliche Verantwortung der Führer der ‚Vereinigten Front‘ entschieden, die aber von Anfang an, sogar einen Monat vor der Kundgebung, die gesamte Verantwortung selbst übernommen haben."

Streit um Verantwortung

Der Führer der "Vereinigten Front", Feliks Kulow, erklärte unmittelbar nach seiner Vernehmung durch das Staatliche Komitee für nationale Sicherheit am vergangenen Samstag (21.4.) vor Journalisten, dass alle Anschuldigungen, die die Generalstaatsanwaltschaft gegen ihn vorgebracht habe, unbegründet seien. Kulow sagte: "Die Führer der Vereinigten Front und die Bewegungen ‚Für Reformen!’ haben von Anfang an eine unbefristete friedliche Kundgebung angekündigt. Für alle Folgen ist die Staatsmacht verantwortlich." Kulow zufolge wurden die Unruhen auf dem zentralen Platz Bischkeks am 19. April von der Staatsmacht provoziert, um einen Anlass zu schaffen, die Kundgebung der Opposition gewaltsam aufzulösen.

Menschenrechtler warnen vor Repressionen

Inzwischen fordern Vertreter der Opposition eine rechtliche Untersuchung des Vorgehens der Miliz. Der Abgeordnete Kubatbek Bajbolow betonte: "Die Miliz ist mit den Demonstranten unangemessen grausam und zynisch umgegangen. Als sich auf dem Platz niemand mehr befand, wurden die Menschen außerhalb des Platzes noch eingeholt und besonders grausam verprügelt."

Eine Reihe kirgisischer Menschenrechtsorganisationen sprechen bereits von beginnenden Repressionen gegen Andersdenkende. Nach Angaben des Menschenrechts-Zentrums "Bürger gegen Korruption" befinden sich in Bischkek etwa 150 Menschen, die an der oppositionellen Kundgebung teilgenommen hatten, in Polizeigewahrsam. Ihnen allen wird vorgeworfen, in der Hauptstadt zu leben, ohne gemeldet zu sein.

"Das ist ein direkter Verstoß gegen den Teil der Verfassung, der das Recht der Bürger auf Bewegungsfreiheit beinhaltet", heißt es in der Mitteilung des Menschenrechts-Zentrums "Bürger gegen Korruption". Nach Ansicht der Bürgerrechtler verfolgen die kirgisischen Geheimdienste derzeit nur ein Ziel: die Führer der Opposition und die Bürger sollen eingeschüchtert werden.

Opposition hält an Zielen fest

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es in nächster Zeit in Kirgisistan keine neuen Massenproteste der Opposition geben. Das Mitglied der Bewegung "Für Reformen!", der Abgeordneter Omurbek Tekebajew sagte: "Wir haben die Gefährlichkeit der Situation tatsächlich unterschätzt. Wir hätten die Provokateure benennen und außer Gefecht setzen können. Diesen Moment haben wir allerdings verpasst und den Rechtsschutzorganen die Gelegenheit zu einem Sondereinsatz gegeben. Aber das bedeutet nicht, dass wir jetzt Kundgebungen und Märsche für ineffektiv halten. Dies ist ein von der Verfassung garantiertes Recht der Bürger, und auch in Zukunft werden wir zu solchen Aktionen greifen."

Mitglieder der Bewegung "Für Reformen!" erklärten ferner, dass sie weiterhin eine Verfassungsreform fordern, mit dem Ziel, die Vollmachten des Präsidenten einzuschränken. Noch ist unklar, ob die Opposition, vor allem die "Vereinigte Front" von Feliks Kulow, weiter auf den Rücktritt von Präsident Kurmanbek Bakijew bestehen wird.

Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Zentralasien, 22.4.2007, Fokus Ost-Südost