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Kirgisistan: Proteste der Opposition dauern an

19. April 2007

Die Opposition fordert den Rücktritt des Präsidenten. Das Parlament kann eine geforderte Verfassungsänderung nicht prüfen, da das Verfassungsgericht handlungsunfähig ist. Die politische Krise verschärft sich so weiter.

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Sicherheitskräfte sollen in Bischkek für Ordnung sorgenBild: AP

Am Montag (16.4.) nahm das kirgisische Parlament nach den Ferien wieder seine Arbeit auf. Erwartet wurde, dass es die Verfassungsänderungen prüfen wird, die von der Arbeitsgruppe unter Leitung von Premier Almas Atambajew erarbeitet wurden. Es stellte sich jedoch heraus, dass erst ein Beschluss des Verfassungsgerichts notwendig ist. Da aber derzeit im Verfassungsgericht drei Richterposten nicht besetzt sind, kann kein Quorum zustande kommen. Die Abgeordneten forderten deswegen den Präsidenten auf, Kandidaten für die Richterämter dem Parlament zur Bestätigung vorzuschlagen. Das Staatsoberhaupt zögert eine Entscheidung in dieser Frage allerdings hinaus.

Schließlich debattierte das Parlament nur über die allgemeine Lage im Lande, und das hinter verschlossenen Türen. Parlamentspräsident Marat Sultanow berichtete später: "Wir sprachen über die jetzige Situation. Die Verhandlungen laufen, die Seiten nähern sich in ihren Positionen an. Das ist normal. Wir haben verlangt, auf alle Ultimaten zu verzichten. Dann wird es Bedingungen für Verhandlungen geben. Und gerade jetzt öffnet sich dieser Weg. Im Prinzip ist die Bewegung ‚Für die Reformen!‘ bereit, jene Varianten zu untersuchen, die auch die Gruppe Atambajew anbietet."

Bedrohen Provokationen die Sicherheit?

Die Abgeordneten hatten zu ihrer Sitzung am Montag Innenminister Bolotbek Nogojbajew geladen. Dieser betonte später vor Journalisten, die Miliz verfüge über genügend Kräfte, um in der Hauptstadt die Ordnung aufrechtzuerhalten: "Einen Krieg wird es nicht geben, weil nicht klar ist, wer gegen wen kämpfen würde. Wir werden nicht gegen das Volk kämpfen. Wenn die öffentliche Ordnung verletzt werden sollte, dann werden wir sie einfach auseinander jagen. Schusswaffen werden wir nicht tragen."

Am gleichen Tag erklärte der ehemalige Chef des Nationalen Sicherheitsdienstes Kirgisistans, Kalyk Imankulow, seinen Übertritt zur Opposition. Er sagte, ihm lägen verlässliche Informationen von seinen ehemaligen Mitarbeitern vor, wonach die Behörden eine Reihe von Provokationen vorbereiten würden, um die Opposition mit Gewalt zu unterdrücken. In diesem Zusammenhang sagte Imankulow: "Bisher hatte meine Mitarbeit in der Vereinigten Front beratenden Charakter, und heute trete ich der Front offiziell bei. Früher wollte ich friedliche Lösungen von Konflikten, aber heute verstehe ich, dass es außer dem Rücktritt Bakijews keinen anderen Ausweg gibt, um weiterzukommen."

Präsident Bakijew zunehmend unter Druck

Unterdessen ernannte das Staatsoberhaupt einen neuen Leiter seiner Administration. Das Amt übernimmt der ehemalige Chef des Apparates der Regierung, Medet Sadyrkulow. Allerdings hatte es bei der Ernennung Verwirrung gegeben. Am Morgen des 16. April unerzeichnete Bakijew einen entsprechenden Erlass, den er aber bereits am Mittag wieder zurücknahm. Am späten Abend stellte der Präsident trotzdem Sadyrkulow den Mitarbeitern seiner Administration vor. Der bisherige Chef der Präsidentenadministration, Myktybek Abdyldajew, war vergangene Woche zurückgetreten. Die Führer der Opposition erklärten in diesem Zusammenhang, der Präsident könne sich derzeit nicht einmal unter seinen Mitarbeitern zurechtfinden.

Das Mitglied der Vereinigten Front, der Abgeordnete Melis Eschimkanow, sagte, die Opposition beabsichtige nicht, von ihrer Position zurückzuweichen. Sie werde ihre Protestaktionen fortsetzen. Eschimkanow äußerte die Überzeugung, dass es gelingen wird, Bakijews Rücktritt zu erreichen: "Wir hoffen, dass die Anzahl der Menschen sich verdoppeln wird. Wir werden in Bezirken des Gebiets Tschuj, aber auch in den Gebieten Naryn, Issyk-Kul und Talas besonders aktiv sein." Eschimkanow zeigte sich zudem enttäuscht über das Parlament: "Wir haben begriffen, dass das Parlament nicht beabsichtigt, etwas zu unternehmen. Die Hinauszögerung der Bestätigung der Mitglieder des Verfassungsgerichts zeigt, dass weder das Parlament noch der Präsident Verantwortung übernehmen wollen. Zugleich nehmen die Spannungen zu. Dem Abgeordneten Eschimkanow zufolge wollen die Demonstranten das Regierungsgebäude nicht besetzen. Sie seien aber bereit, im Falle einer gewaltsamen Auflösung ihrer Protestaktion Widerstand zu leisten.

Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Zentralasien, 16.4.2007, Fokus Ost-Südost