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Kirgisistan: Zurück zu "russischen" Familiennamen

14. Februar 2008

Die kirgisischen Behörden verzeichnen immer mehr Anträge auf Änderung des Familiennamens. In den 90er Jahre wurde aus "Moldokulow" wieder "Moldokul uulu". Jetzt geht der Trend wieder zur russischen Namensvariante.

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Meldeämter überlastetBild: Bilderbox

Anfang der 90er Jahre ist es in Kirgisistan in Mode gekommen, Kindern traditionelle kirgisische Vor- und Nachnamen zu geben. Wenn der Familienname eines Kirgisen beispielsweise "Moldokulow" lautete, so war es damals üblich, gemäß den kirgisischen nationalen Traditionen daraus wieder "Moldokul uulu" zu machen. Aber jetzt sind die Behörden überlastet - mit der Änderung von Pässen, Geburtsurkunden und anderen Dokumenten, berichtete Marija Alybajewa vom kirgisischen Justizministerium der Deutschen Welle. Justizminister Marat Kajypow habe deswegen sogar schon vorgeschlagen, die Anzahl der Mitarbeiter der Meldebehörden zu erhöhen.

Zunehmende Auswanderung

Der Grund für die Namensänderungen ist, dass viele Kirgisen Schwierigkeiten haben, in Russland und anderen postsowjetischen Ländern eine Anstellung zu bekommen. Marija Alybajewa erläuterte: "Derzeit gibt es in Kirgisistan einen Boom, was die Änderung von Familiennamen angeht. Während im Jahr 2006 nur 5.076 Personen ihren Namen ändern wollten, waren es ein Jahr später schon mehr als 18.000. Das ist eine Steigerung um das Fünffache. Das hängt damit zusammen, dass in den 90er Jahren, als das Gesetz über die Staatssprache angenommen wurde, die Kinder wieder gemäß den nationalen Traditionen benannt wurden." Jetzt, wo viele Menschen ins Ausland wollten, werde wieder die russische Variante der Familiennamen mit der Endung "-ow" bevorzugt, so Alybajewa.

Nurlan Mamyrow lebt in Bischkek. Er sagte der Deutschen Welle, warum er seinen zuvor traditionell kirgisischen Nachnamen in eine russische Variante ändern ließ: "Ich entschied mich für die Änderung, weil ich viel unterwegs bin und ich immer wieder Probleme wegen meines traditionellen Namens habe. Ich finde es bequemer, einen Namen nach sowjetischer Art zu tragen. Wir haben lange in der Sowjetunion gelebt, und ich denke, es ist besser, einen Namen zu haben, der einen bekannten Klang hat."

Verbreitete Unkenntnis

Die Änderung des Nachnamens ist allerdings ein langwieriges Verfahren. Man muss zahlreiche Dokumente vorlegen. Davon lassen sich die Kirgisen allerdings nicht abschrecken. Die zunehmende Auswanderung ist aber nicht der einzige Grund für die Namensänderungen. Kirgisen mit traditionellen Namen haben oft Schwierigkeiten bei der Beantragung von Sozialleistungen, Renten oder bei Erbfragen. Die zuständigen Behörden nehmen oft von jenen Menschen keine Anträge entgegen.

Marija Alybajewa vom Justizministerium meint, viele Beamte seien der Ansicht, traditionelle Namen stünden nicht im Einklang mit den Gesetzen des Landes. Aber die Gesetzgebung sehe durchaus eine Regelung vor, sagte sie. Danach dürfe jeder Kirgise einen Namen annehmen, der den nationalen Traditionen entspreche. Nun will das Justizministerium die Leiter der betroffenen Behörden informieren. "Letztendlich haben wir ein Gesetz, das die Zulassung von Namen regelt, die nationalen Traditionen entsprechen", so Alybajewa.

Bewusster Patriotismus

Ein Anhänger traditioneller kirgisischer Namen ist der Ombudsmann des Landes, Tursunbaj Bakir uulu. Er ist der Ansicht, solche Namen würden für wahren Patriotismus der Personen stehen, die sie tragen würden: "Um einen nationalen Familiennamen anzunehmen, muss man Stolz und Patriotismus verspüren. Ich kam zu dem Schluss, dass ich einen nationalen Nachnamen tragen sollte, als ich im Ausland war, wo ich immer nur als Russe wahrgenommen wurde. Ich habe 1991 als erster in Kirgisistan einen nationalen Familiennamen angenommen."

Saida Jusupchanowa, DW-Zentralasien