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Kleinbauern als Investoren

Helle Jeppesen4. Juli 2013

Kleinbauern gehören zu den Ärmsten der Welt und sind gleichzeitig die größten Investoren in die Landwirtschaft. Ohne sie wird es nicht möglich sein, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.

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Indischer Bauer füttert Kühe im indischen Dorf Dunduwa (Foto: DW/Jeppesen)
Bild: DW

Es gibt mehr als eine Milliarde Bauern auf der Welt, die uns alle ernähren. Manche bauen auf riesigen Flächen an, doch die meisten Landwirte sind Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern, die sich gerade selbst ernähren können - und oft nicht einmal das.

Dennoch sind sie die größten Agrar-Investoren in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die UN Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, FAO, hat ausgerechnet, dass jeder Bauer in einem Entwicklungs- oder Schwellenland im Durchschnitt jährlich 150 Dollar in sein Land und seinen Betrieb investiert. Jedes Jahr kommen so 170 Milliarden Dollar zusammen – mehr als alle nationalen Förderprogramme und alle Entwicklungshilfeprojekte für ländliche Entwicklung zusammen gerechnet aufbringen.

"Die meisten denken bei Investoren an große Unternehmen oder an Regierungen", sagt Jakob Skoet, Leiter der FAO-Studie über Investitionen in der Landwirtschaft, "Doch als wir die Zahlen analysierten, haben wir festgestellt, dass die wichtigsten Investoren in der Landwirtschaft die Farmer selbst sind. Das sind die Kleinbauern, die ihr Land verbessern, Bewässerungskanäle bauen, Werkzeuge kaufen, vielleicht sich noch ein Tier zulegen oder einen Baum pflanzen."

Jakob Skoet (Foto: Skoet)
"Wir brauchen Kleinbauern für die Ernährungssicherheit", sagt FAO-Ökonom SkoetBild: privat

Doch für die regionale Entwicklung sind die Investitionen der Kleinbauern nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was den Bauern als zusätzlichen Investitionsanreiz fehle, so Skoet, sei Infrastruktur, Märkte und vor allem auch gesicherte Landrechte. Agrarland wird immer knapper und auch Großinvestoren aus dem Ausland werfen begehrliche Blicke nach Anbauflächen zum Beispiel in Afrika.

Konkurrenz durch Landgrabbing

Besser bekannt unter dem Begriff Landgrabbing – Landraub – sorgen solche Großinvestitionen immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Kleinbauern werden von ihrem Land vertrieben, weil sie nicht als Eigentümer registriert sind. Ihr Land wird von Regierungen und Lokalbehörden an Großinvestoren verpachtet oder vekauft – oft mit dem Argument, dass Großprojekte für Jobs, Infrastruktur und Technologietransfer in der Region sorgen würden.

Landverpachtung in Äthiopien (Foto: DW/Schadomsky)
Landverpachtung an ausländische Investoren in ÄthiopienBild: DW

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, kurz Giga-Institut genannt, kann diese Argumente nicht bestätigen. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ, ist das Hamburger Institut zentraler Partner in der internationalen Forschungszusammenarbeit Land Matrix und untersucht die Folgen von Landraub.

Das Phänomen sei bisher nicht so weit verbreitet wie allgemein angenommen und es wäre noch zu früh, stichhaltige Schlussfolgerungen über die Auswirkungen zu machen, erzählt Jann Lay vom Giga-Institut. "Was wir allerdings beobachten können, ist, dass diese Investoren mit ortsansässigen Kleinbauern um Land konkurrieren. Das birgt eine unmittelbare Gefahr für diese Kleinbauern", sagt Lay, der an dem Projekt Land Matrix mitarbeitet.

Großbetriebe bringen keine Vorteile

Die Hoffnung auf lokale Beschäftigung durch Großbetriebe habe sich bisher nicht erfüllt, erzählt Jann Lay vom Giga-Institut. Auch dem Nutzen vom Technologie-Transfer steht er skeptisch gegenüber. "Da fehlt nicht nur die Technologie, sondern da fehlt auch das Wissen, Technologie überhaupt anzuwenden", betont er und verweist darauf, dass vielerorts die Landwirtschaft immer noch betrieben wird, wie vor Jahrhunderten auch.

Jann Lay, GIGA-Institut, Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (Foto: Werner Bartsch)
"Großinvestoren konkurrieren mit Kleinbauern", sagt Jann Lay vom GIGA-InstitutBild: Werner Bartsch

Zudem habe man noch keine Fälle gesehen, wo ein Großinvestor die lokale Infrastruktur verbessert hätte. "Die Investoren mögen zwar manchmal in relativ entlegene ländliche Gebiete investieren. Allerdings tun sie das selten in eine Gegend, wo es nicht einmal eine geteerte Straße gibt", so Jann Lays Erfahrung.

Förderpolitik für Kleinbauern

Die Erfahrungen decken sich auch mit den Erkenntnissen der FAO, die die Landwirtschaft auch im Bezug auf Ernährungssicherheit für sieben Milliarden Menschen unter die Lupe genommen hat. "Wir müssen eine ausreichende Ernährung sicherstellen. Wir brauchen weltweit eine bessere Lebensmittelversorgung. Der Markt braucht mehr und bessere Nahrungsmittel. In vielen Gegenden geht das nur, wenn wir die Kleinbauern einbeziehen", betont FAO-Ökonom Jakob Skoet.

Ländliche Entwicklung könne nur vorangebracht werden, wenn die Kleinbauern direkt beteiligt würden. "Die Regierungen müssen auch darüber nachdenken, wie sie die Farmer besser in ein Agrarsystem integrieren können, damit sie Zugang zu Märkten haben, Möglichkeiten für Investitionen bekommen und so eine Produktionssteigerung erzielen", sagt Experte Skoet.

Derselbe Ansatz wird auch in der deutschen Entwicklungspolitik praktiziert. Mit einem Zehn-Punkte-Programm will das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ, mit den Partnerländern gezielt die Bedingungen für Kleinbauern verbessern. Das Ministerium hat dazu eigens eine Task Force geschaffen, die "alle Aufgaben zur Ernährungssicherung und zur ländlichen Entwicklung sektorübergreifend bündeln soll".