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Ein Netzwerk für die Kunst

30. Mai 2010

Kunsthistoriker hausen nicht nur im Elfenbeinturm, sondern können innovative Unternehmen führen. Die PR-Agentur von Kathrin Luz zum Beispiel ist aus der Kunstszene kaum mehr wegzudenken. Aber der Anfang war schwer.

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Büro der Agentur, Kathrin Luz und ein Mitarbeiter (Foto: Aya Bach)
Bild: DW

Im Herzen Kölns, zwischen alteingesessenen Kölsch-Kneipen, relaxten Straßencafés und türkischen Läden, liegt das Büro "Kathrin Luz Communication". Das Eigelstein-Viertel zählt zu den lebenswertesten Quartieren der Stadt. Dass sich hier etliche Kleinunternehmen aus der sogenannten Kreativbranche angesiedelt haben, ist wohl nicht zuletzt Kathrin Luz zu verdanken. Sie ist eine virtuose Netzwerkerin und Kommunikatorin, die es versteht, Menschen und Ideen zusammenzubringen - und Ideen an Mann und Frau zu bringen. Darauf gründet sich auch ihr Unternehmen, eine PR-Agentur, die sich auf den Bereich Kunst spezialisiert hat – und das seit gut zehn Jahren mit wachsendem Erfolg.

"Am Anfang war es total wüst", erinnert sie sich und lacht, "wir mussten Missionarsarbeit leisten". Denn es war nicht selbstverständlich, dass etwa Museen externe Spezialisten für ihre PR- und Pressearbeit engagierten. Doch schon damals sah Kathrin Luz, dass eine wachsende Zahl von Ausstellungen oder Messen um immer geringere mediale Aufmerksamkeit kämpfen mussten - in einer Zeit schrumpfender Kulturredaktionen und Feuilletons. Genug zu tun also für die studierte Kunsthistorikerin. Und da sie nach dem Studium als Werbetexterin gelernt hatte, wie sich von Rasiergel bis Geländewagen alles unter die Leute bringen lässt, ging sie nicht nur mit Verve, sondern auch mit einer Portion PR-Kenntnis an die Sache heran.

Bilder und andere Kunstobjekte in den großzügigen Räumen des 'Me Collectors Room Berlin' (Foto: Bernd Borchardt)
PR für neue Kunst-Räume: der 'Me Collectors Room Berlin'Bild: Kathrin Luz Communication/Bernd Borchardt

Geballte Power

35 Jahre jung war sie damals. Ganz alleine aber wäre sie das Risiko der Unternehmensgründung nicht eingegangen: "Da muss man viel Mut zusammenbringen", sagt sie, und den holte sie sich in der Zusammenarbeit mit der Design-Spezialistin Claudia Neumann. Gemeinsam gründeten sie die Agentur Neumann Luz Communication - und erwischten den Zeitgeist der Kunstszene gerade im richtigen Moment. Damals wurde das Zusammenwachsen von Kunst und Design gefeiert: "In diesem Hype sind wir davon ausgegangen, wenn wir uns jetzt zusammentun, sind wir die geballte Power zum Thema Kulturkommunikation", erzählt Kathrin Luz.

Der Start war trotzdem nicht einfach. "Wir haben das nur mit viel Zähigkeit durchgehalten". Aber es war eine Durststrecke, zumal anfangs nicht jede Idee gleich funktionierte: "Wir wollten einem Tapetenhersteller ein Konzept verkaufen, Künstlertapeten zu machen, und dafür wollten wir die PR machen. Wir haben unendlich viel herumtelefoniert, aber am Ende ist nichts daraus geworden", erinnert sie sich. Aber schnell kamen auch wichtige Erfolge: Durch persönliche Kontakte gelang es ihr 2001, die PR für den deutschen Pavillon bei der Kunstbiennale Venedig zu machen. Das brachte sogar internationale Aufmerksamkeit: ein Meilenstein für die Agentur und ein Türöffner für weitere Großprojekte.

Persönliche Präsenz

Porträt Kathrin Luz (Copyright: Kathrin Luz Communication)
Kathrin LuzBild: Kathrin Luz Communication

Bald folgte das gerade neu gegründete "museum kunst palast" in Düsseldorf, später kamen Messen wie die "Art Cologne" und die "Frieze" in London dazu. Auch Firmen, die ihr Engagement im Kulturbereich publik machen wollen, zählten bald zum Kundenkreis. Nach und nach ist das kleine Unternehmen zum Informations-Broker in Sachen Kunst geworden, eine Schnittstelle für Veranstalter, Presse und Öffentlichkeit. Förderung für das junge Unternehmen gab es nie. Als Kathrin Luz und Claudia Neumann an den Start gingen, wurde die Kreativ-Branche als Wirtschaftsfaktor kaum wahrgenommen.

Inzwischen arbeiten die beiden Unternehmensgründerinnen weitgehend eigenständig mit zwei Teams in verschiedenen Büros, sind aber nach wie vor assoziiert. Auch im Bereich Kunst, der anfangs weniger gut lief als der Bereich Design, ist die Nachfrage nach professionellen Konzepten und Strategien mittlerweile hoch. Und so ist Kathrin Luz permanent unterwegs, von einem Termin zum anderen. Ohne persönliche Präsenz läuft nichts: Kommunikation heißt vor allem Menschen treffen, Verbindungen knüpfen, selbst im Gespräch bleiben.


Musik-Combo mit clownesken Verkleidungen vor der Kölner Skyline auf der Art Cologne (Foto: köelnmesse)
Art Cologne aufgewirbelt: Der 'Circus Hein' beim 'Open Space'Bild: Kathrin Luz Communication/koelnmesse

Buchhaltung und Hippie-Charakter

So viel Vernetzung kann schon mal zu einem Rund-um-die-Uhr-Job ausarten. Gefragt, wie viel sie im Schnitt wohl pro Woche arbeitet, schaut Kathrin Luz zum ersten Mal ein bisschen ratlos: Sie weiß es einfach nicht. Zumal sich Arbeit und Privatleben kaum trennen lassen. Wer seine beruflichen Kontakte im Kunstbetrieb hat, hat dort seinen Bekanntenkreis, und natürlich arbeitet der Lebensgefährte ebenso in der Branche. Und selbst wenn keine Termine anstehen, sind die Wochenenden oft mit Arbeit zugepflastert. Dann sitzt sie viel am Schreibtisch: "Als kleiner Unternehmer kommt man nicht drumherum, noch mal die Buchhaltung nachzuhalten oder das Rechnungswesen zu kontrollieren".

Leger ist die Atmosphäre bei Luz Communication geblieben. Aber das Unternehmen funktioniert so bürgerlich-zuverlässig, dass ein perfekt eingespieltes fünfköpfiges Team ein regelmäßiges – und auskömmliches – Gehalt daraus bezieht, dazu kommt ein erweiterter Kreis von festen Freien. "Die Auftragslage ist inzwischen so stabil, dass sich das aufrechterhalten lässt. Das ist für den Arbeitsfluss extrem vorteilhaft", konstatiert Kathrin Luz. Und die Selbstausbeutung, von der so viele Kreative in deutschen Großstädten heute leben, hält sich im Rahmen: "Wir haben es immerhin geschafft, dass wir nicht täglich bis spät am Abend hier sitzen, so wie das bei vielen anderen Agenturen der Fall ist".

Schaufenster, in dem ein Kunstwerk ausgestellt ist, im Hintergrund Straße und Autos (Foto: Aya Bach)
Leidenschaft für die Kunst: Das Schaufenster der Agentur ist zugleich eine Mini-AusstellungsflächeBild: DW



Irrsinn des Kunstbetriebes

Wichtig ist ihr, immer wieder Freiräume zu schaffen für eigene Kreativität. Denn manchmal wird die Agentur selbst zum Kunst-Veranstalter. Auf der "Mutter aller Kunstmessen", der Art Cologne, sorgte Kathrin Luz schon vor Jahren mit einer eigenen "Rheinschau" für Aufsehen, später rief sie ein Projekt namens "Open Space" ins Leben, das Kunstkritiker seitdem Jahr für Jahr begeistert: Mit jungen Galeristen bespielt sie ein eigenes Areal, das sich von der herkömmlichen Kojen-Architektur absetzt - eine Frischzellenkur für die Kunstmesse, die eine Zeit lang altersschwach vor sich hin kränkelte. "Es ist wichtig, dass man immer noch etwas Schönes hat, bei dem man nicht nur Dienstleister ist, sondern wirklich etwas Eigenes macht!" So wie ihr "Open Space"-Projekt bei der Art Cologne. "Das wird es wahrscheinlich noch geben, wenn ich mit dem Rollstuhl übers Gelände gefahren werde!“

Autorin: Aya Bach
Redaktion: Marlis Schaum