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Politik verhindert Klimaprojekte

25. Januar 2011

In vielen Ländern wären die Bedingungen zur Nutzung erneuerbarer Energien ideal: Es gibt Sonne, Wind und Wasser im Überfluss. Trotzdem bleiben die Investoren aus. Denn oft fehlen Gesetze für erneuerbare Energien.

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Rotorkopf einer Windturbine (Foto: CC/Nico Kaiser)
Die fehlende Gesetzgebung für erneuerbare Energien schreckt Investoren oft abBild: CC/Nico Kaiser

"Das Geld geht durch das Haus des Armen, wie der Wind durch eine verfallene Hütte weht", sagt ein vietnamesisches Sprichwort. Im Moment weht es ziemlich stark an der Küste Vietnams. 3200 Kilometer ist die Küste lang, hinzu kommen viele Inseln. Ob es einen Zusammenhang zwischen den Böen und den Geldbeuteln der Bewohner gibt, erkennt man jedoch nicht. Das Land nimmt auf dem UN-Entwicklungsindex (Human Development Index) 2010 den 113. Platz von 169 Ländern ein und zählt zu den Ländern mit "mittlerer Entwicklung".

Doch der Lebensstandard nimmt zu, die Wirtschaft wächst, der Stromverbrauch steigt - zwischen 1995 und 2007 jedes Jahr um 15 Prozent. Deswegen will das Land neben fossilen Brennstoffen und Wasserkraft auch mehr Windkraft nutzen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) werden dieser "die größten Zukunftschancen zugetraut" - so heißt es auf der GIZ-Webseite zum Projekt in Binh Thuan im Südosten des Landes. Dort wurde das erste Windkraftwerk gebaut. Branchenkenner sehen in Vietnam ein großes Potential in Onshore-Anlagen. Das sind Windräder, die auf dem Festland oder an der Küste installiert werden.

Der Weg zum Gesetz ist langwierig

Weißer Strand (Foto: CC/Von Jackson Lee)
Hinter den Palmen an der Küste Vietnams könnten schon bald eine Menge Windkraftanlagen stehenBild: CC/Jackson Lee

Trotzdem haben bisher nur wenige Unternehmen in Vietnam investiert. Viele verweisen auf einen fehlenden rechtlichen Rahmen. Deswegen berät die GIZ mehrere vietnamesische Ministerien bei der Entwicklung eines Gesetzes für erneuerbare Energien. Ein langer Weg, denn "ein verlässliches Gesetz zu erneuerbaren Energien besteht aus drei Stufen“, erklärt Sascha Thielmann, Energie-Experte bei der GIZ. Erst einmal muss die Regierung die Möglichkeit schaffen, erneuerbare Energiequellen an das vorhandene Netz anzuschließen. Danach müssen die Voraussetzungen festgelegt werden, mit denen Ökostrom in das Netz eingespeist wird. Und dann kommt das Wichtigste: der Tarif. Liegt dieser zu niedrig, ist es für viele Unternehmen einfach nicht lukrativ genug, grünen Strom zu produzieren.

"Doch selbst wenn die Länder alle rechtlichen Bedingungen erfüllen, heißt das noch lange nicht, dass Investoren kommen", sagt Thielmann. Es warten weitere Probleme: Viele Vergabeverfahren seien nicht transparent. Die ausländischen Unternehmen wüssten oft nicht, welche Genehmigungen sie brauchen und wo sie diese erhalten. Sie müssten oft Landnutzungsrechte erwerben, mit Netzbetreibern über die Einspeisung in die Netze verhandeln, Sicherheitsanforderungen einhalten. Dann sei da noch die Korruption, erklärt Stefan Gsänger, Generalsekretär des Branchenverbandes World Wind Energy Association (WWEA). Und am Ende muss sich alles betriebswissenschaftlich rechnen. So kann es sein, dass trotz des besten Energiegesetzes nicht investiert wird.

Nachhaltige Entwicklung durch Gesetze

Gesetze zu erneuerbaren Energien machen aber in jedem Fall Sinn. "Neben der Einsparung von Emissionen [fördern sie] auch eine nachhaltige Entwicklung. Und die wird durch eine veränderte Gesetzgebung erreicht", erklärt Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace. Nur so kann ein langfristiger ökologischer und sozialer Wechsel stattfinden.

Windturbine vor Abendhimmel (Foto: CC/Jamie Fergusson, IFC)
In Chile erlebt die Branche einen Boom. Dort bietet der Staat mittlerweile Flächen für den Bau von Windkraftanlagen an.Bild: CC/Jamie Fergusson, IFC

Dass sich eine gute Gesetzgebung lohnt, sieht man in Chile. Auch dort hat die GIZ die Regierung beraten. "Ein wichtiger Schritt ist auch in der Einführung von Quoten. Und diese sollten dann nach und nach erhöht werden", sagt Trude Könemann von der GIZ in Chile. Die Regierung des Landes hat das getan und 2008 ein Gesetz erlassen, welches Stromanbieter seit 2010 verpflichtet, fünf Prozent des eingespeisten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu produzieren. Außerdem muss der Strom aus Anlagen kommen, die weniger als 20 Megawatt leisten.

Stromkabelmast
Der Stromverbrauch nimmt in vielen Ländern rasant zuBild: CC/Henk Vermeulen

Bis 2015 sollen sogar zehn Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Das Resultat: Im vergangenen Jahr gab es einen Boom. Es wurden sogar acht Prozent Ökostrom eingespeist. Die Regierung vergibt Konzessionen, damit auf staatlichen Gebieten Windkraftanlagen gebaut werden können. Das ist erstaunlich, denn 2006 war noch kein einziges Kraftwerk am Netz.

In Chile ist das Gesetz nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftspolitisch motiviert. Das Land ist zu mehr als drei Vierteln von Energie-Importen abhängig. Als es 2006 in Chile durch eine Verringerung der Erdgasexporte aus Argentinien zu einer Energiekrise kam, wurde ein nationaler Plan für Energiesicherheit geschaffen - und umgesetzt. Das Potential des Marktes sehen auch ausländische Investoren, wie etwa Juwi aus Deutschland. Das Unternehmen ist seit 2010 in Chile aktiv. Juwi investiert auch wegen der wachsenden Wirtschaft und des steigenden Energiebedarfs. Dieser soll sich in den nächsten zehn Jahren verdoppeln.

Autorin: Michaela Führer
Redaktion: Ranty Islam