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Klimaschutz braucht Manager

Karin Jäger12. November 2015

2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent sinken. Das hat die Bundesregierung festgelegt. - Wie das geht? Klimaschutzmanager helfen Kommunen und Bürgern bei der Umsetzung der Ziele.

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Jochen Bury Klimaschutzmanager Stadt Rödermark Hessen
Bild: DW/K.Jäger

Jochen Bury braucht Fingerspitzengefühl. Denn er muss die Bürger vom Klimaschutz überzeugen. "Ich muss insbesondere die erreichen und sensibilisieren, die noch keine Idee davon haben, wie sie den Klimawandel durch ihr ganz persönliches Verhalten günstig beeinflussen können." Als ein Beispiel nennt Bury die bundesweite Aktion Stadtradeln, die er in Rödermark, einer Gemeinde südlich von Frankfurt/Main, begleitete. Durch Flyer und Presseartikel flankiert, gelang es ihm, 277 Radler zu überzeugen, im Sommer drei Wochen lang statt mit dem Auto per Rad zur Arbeit zu fahren. Insgesamt legten die Frauen und Männer mehr als 70.000 Kilometer zurück.

Jochen Bury, Klimaschutzmanager der Stadt Rödermark
Büroarbeit - nur eine Facette des Berufsbildes KlimaschutzmanagerBild: Jochen Bury/Stadt Rödermark

Vorrangig ist Bury Ansprechpartner für Bürger mit konkreten Anliegen. Täglich erreichen ihn Mails von Grundbesitzern, die Fragen zur energetisch günstigen Haussanierung haben. Andere planen einen Neubau und wollen wissen, welche Heizung sie bevorzugt wählen sollten und welche Möglichkeiten der finanziellen Förderung es gibt. Eine große Nachfrage erfährt Bury auch bei Themen rund um Solarenergie, Photovoltaik, Effizienz von Strom und Wärmequellen.

Wer sparen will, muss investieren

Die Bundesregierung will mit ihrem "Energie- und Klimaschutzprogramm" wichtige Weichen für eine moderne, sichere und klimaverträgliche Energieversorgung stellen und die Emissionen langfristig reduzieren. Dazu gehört auch der Einsatz von Klimaschutzmanagern. Sie leisten die Basisarbeit, denn zum Erreichen der ehrgeizigen Klimaschutzziele müssen Industrie, Landwirtschaft, Verkehrsplaner, Abfallwirtschaftler, Kommunen und Bürger an einem Strang ziehen.

Ein einheitliches Ausbildungskonzept für das neue Berufsbild gibt es indes noch nicht. Jochen Bury bezeichnet sich selbst als engagierten Umweltschützer. Nach einer Ausbildung zum Elektroinstallateur studierte der heute 39-Jährige Umweltschutz an der Fachhochschule Bingen. "Mich reizte, dass dort neben den interdisziplinären Aspekten des Umweltschutzes, auch Erkenntnisse über Erneuerbare Energien gelehrt wurden", begründet Bury seine Entscheidung. Nach Engagements beim Industrieverband, der Industrie- und Handelskammer und einem mittelständischen energieintensiven Unternehmen trat er die Stelle bei der Stadt an. Ein Schritt, den er bisher nicht bereut hat, "weil sie die komplette Bandbreite abdeckt, die mich auch interessiert. Zum Beispiel fragen Leute, welche Leuchtmittel sie wie am besten einsetzen können. Ich habe einen direkten Draht zu den Bürgern und kann auf sie einwirken. Das macht mir am meisten Spaß." Laien erklärt er den Klimawandel, er betreibt Öffentlichkeitsarbeit, steht mit Vereinen und Unternehmen in Kontakt.

Stadt Rödermark Jochen Bury und Ingenieur Thomas Fischer
Jochen Bury (li.) und Ingenieur Thomas Fischer auf dem Weg zur Energieberatung für BürgerBild: Stadt Rödermark

Seine Stelle in Rödermark ist zunächst auf drei Jahre befristet. Die Hälfte der Zeit ist abgelaufen. Andere Kommunen haben bereits unbefristet Klimaschutzmanager eingestellt, weil die Entscheidungsträger sich der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bewusst sind.

Ziele sind vorgegeben - Motivation ist gefordert

Die Umsetzung des Aktionsprogramms kontrolliert die Bundesregierung durch regelmäßiges Monitoring. Bei der Stadtradeln-Aktion wurde zum Beispiel errechnet, dass die Teilnehmer so einen CO2-Ausstoß von 10.121 Kilogramm vermieden. Als Anreiz wurden die besten Einzelradler mit einem E-Bike-Wochenendausflug belohnt oder erhielten Gutscheine für eine Fahrradinspektion. Bury hat längst Freiwillige aufgerufen, sich bei der Organisation des Stadtradelns 2016 zu beteiligen.

Die richtige Wahl des Fortbewegungsmittels ist eine Verhaltensweise, um gegen den Klimawandel mitzuwirken. Auch der Einbau energiesparender LED-Lampen, Überlegungen über Freizeitverhalten und Urlaubsgestaltung helfen bei der Einsparung von CO2 - und nicht zuletzt die bewusste Entscheidung für regionale und saisonale Lebensmittel, die idealerweise ökologisch erzeugt wurden.

Ausstellung über Passivhäuser in Rödermärk
Ausstellung über Passivhäuser - mit dabei: Jochen Bury (re.)Bild: Stadt Rödermark

Darüber hinaus ist seine Hauptaufgabe die Realisierung des Klimaschutzkonzepts, das für die 30.000 Einwohner zählende Stadt erstellt wurde. "Konzepte werden viele geschrieben, aber man muss sie in die Tat umsetzen." Das klingt nach Pflicht- und Verantwortungsbewusstein. "Durch Öffentlichkeitsarbeit, über die Presse, das Pflegen der Homepage muss ich die Vorteile aufzeigen, die die Leute durch ein verändertes Verhalten haben. Oft sind es auch finanzielle Vorteile", fügt Jochen Bury hinzu. "Mein Ziel ist es, den Klimaschutz in den Köpfen der Menschen hier zu festigen." Mit erhobenem Zeigefinger die Bürger zu mahnen, bringe dabei meist gar nichts.