1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Fair Play ist selbstverständlich"

Matthias Frickel
16. Mai 2017

Weltmeister Miroslav Klose bastelt beim DFB an seiner zweiten Karriere. Im DW-Interview spricht er über seine prägende Zeit im Ausland und die integrative Kraft des Fußballs.

https://p.dw.com/p/2d4r0
Award-Verleihung Deutscher Fußball Botschafter 2017
Miroslav Klose beim Deutschen-Fußball-Botschafter-Preis 2017.Bild: Deutscher Fußball Botschafter

DW: Herzlichen Glückwunsch zum Ehrenpreis des Deutschen Fußball-Botschafters. Wie haben Sie ihre Rolle als Botschafter in Italien aber auch bei der Nationalmannschaft wahrgenommen?

Klose: Es war recht einfach. Es war eine sehr spannende Zeit, diese fünf Jahre in Italien und die vielen Reisen mit der Nationalmannschaft. Ich habe so viele verschiedene Kulturen kennengelernt. Man reist dort ein bisschen durch das Land und lernt Sprachen und Menschen kennen. Es war sehr schön.

Die Auszeichnung steht stellvertretend für ihr Engagement auf und neben dem Platz; vor allem für Werte wie Fair Play und Aufrichtigkeit, die Sie stets gelebt haben. Kommen diese Werte ihrer Meinung nach im heutigen Fußball zu kurz?

Ich habe die Werte gelebt, weil viele junge Menschen zuschauen. Für mich war es eine Selbstverständlichkeit. Ich habe Fair Play-Preise bekommen, aber das ist einfach mein Naturell, mein Charakter. So bin ich und ich muss mich dafür nicht groß verstellen. Ich bin in Kaiserslautern aufgewachsen und habe viele Gespräche mit Fritz Walter, Ottmar Walter und Horst Eckel führen dürfen. Die haben das immer gelebt. Wir haben uns sehr viel unterhalten. Das waren die Werte, die sie auf und neben dem Platz gelebt haben. Da habe ich sehr viel mitbekommen und darauf bin ich sehr stolz.

Sie sind in Polen geboren, anschließend nach Deutschland gekommen und hier aufgewachsen. Was bedeutet es für Sie, nun als deutscher Fußball-Botschafter auf der Bühne zu stehen?

Es war ein recht schneller Werdegang. Ich bin in Polen geboren, war dann 6 Jahre in Frankreich, bin nach Polen zurückgekehrt und dann, im Alter von achteinhalb Jahren, nach Deutschland gekommen. Man versucht, die Sprache so schnell wie möglich zu lernen, ähnlich wie die letzten fünf Jahre in Italien. Da habe ich das ein Stück weit mitbekommen. Aber es ist fantastisch. Ich war nicht nur als Spieler im Ausland, sondern habe auch viele ausländische Trainer gehabt. Dadurch habe ich sehr viel mitbekommen.

WM 2014 Gruppe G 2. Spieltag Deutschland Ghana
Sein Markenzeichen: Klose feierte seine Tore (meist) per Salto - und das ziemlich oft.Bild: Getty Images

Wir erinnern uns an ein Spiel in Italien, bei dem Sie zugaben, dass der Ball nicht korrekt im Tor war. So etwas sieht man selten. Was sagten ihre Mannschaftskameraden dazu?

Ich habe damals recht schnell gespürt, dass der Ball gegen meine Hand gesprungen ist. Am Anfang war es ein bisschen mühsam, sich zum Schiedsrichter durchzuringen. Zunächst haben meine Mitspieler gejubelt, dann wollten die Gegner dazwischen gehen. Bis ich beim Schiedsrichter war hat es ein bisschen gedauert, aber dann war es für mich selbstverständlich, ihm mitzuteilen, dass ich den Ball unabsichtlich mit der Hand berührt und ins Tor gelenkt habe. Deswegen hat er das Tor dann zurückgenommen. So bin ich einfach.

Sie haben sich in Italien sehr schnell eingelebt, die Sprache gelernt und waren bei den Fans sehr beliebt. Was war für Sie das Wichtigste, um sich abseits der Heimat wohl zu fühlen?

Die Sprache ist das A und O. Je schneller man die Sprache spricht, desto schneller kann man sich mit den Leuten verständigen. Man bekommt auch einige Werte mit. Ich war fünf Jahre in Italien und die Italiener haben einen etwas anderen Lebensstil. Alles ist ein bisschen ruhiger und gelassener. Das spürt man wenn man dort lebt, man wird im Hinblick auf diese "deutschen" Themen wie Genauigkeit und Pünktlichkeit ein wenig gelassener. Es ist eine sehr schöne Zeit gewesen, genau wie mit der Nationalmannschaft zu reisen.

Mal davon abgesehen, was sie von den Italienern gelernt haben: Was haben Sie den Italienern gegeben? 

Ich kann mal eine kurze Geschichte erzählen: Ich war immer schon pünktlich. In den 17 Jahren meiner Karriere bin ich nur einmal zu spät gekommen, und zwar, weil die Autobahn gesperrt war. Es war also überhaupt nicht meine Schuld. Ich habe natürlich versucht, den Italienern eine gewisse Pünktlichkeit zu vermitteln, aber man hat keine Chance. Die italienische Gelassenheit kommt einfach ein Stück weit durch. Man muss sich einfach ein wenig anpassen. Ich habe da wirklich gelernt, ruhiger und gelassener zu werden. Es war eine wunderschöne Zeit.

Preisverleihung des Vereins Deutscher Fußball Botschafter
Auszeichnung durch den Außenminister: Miroslav Klose erhält den Botschafter-Ehrenpreis 2017.Bild: Picture-Alliance/dpa/J. Carstensen

Was glauben Sie, was Sie als Botschafter im Ausland für eine Wirkung erzielt haben?

Das weiß ich nicht. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, nicht nur mit Fußballinteressierten. Man merkt, dass Deutschland schon einen großen Stellenwert hat. Es wird viel über die deutschen Tugenden gesprochen. Und ich habe versucht, das im Ausland ein wenig mit der Kultur dort zu verbinden. 

Kann Fußball die Welt verändern?

Ja, ich glaube schon, dass Fußball etwas verändern kann. Integration ist unheimlich wichtig, und Fußball kann wirklich dazu beitragen. Ich habe es am eigenen Leib erlebt. Ich war viel im Ausland, die letzten fünf Jahre in Italien. Fußball ist wirklich international, das ist jeden Tag und jede Sekunde spürbar, vor allem in Italien. Man kann mit Fußball wirklich etwas bewegen.

Man kann die Karriere von Miroslav Klose in zwei Zahlen zusammenfassen: 71 Tore in 137 Länderspielen. Diese beeindruckende Statistik macht ihn zu einem der größten deutschen Stürmer aller Zeiten. Der WM-Titel 2014 war dabei der Höhepunkt. Der Familienvater Klose ist inzwischen 38 Jahre alt und macht beim DFB ein Ausbildungs- und Traineeprogramm, was ihn auch als Assistent von Bundestrainer Joachim Löw ins Trainerteam der A-Nationalmannschaft geführt hat. Sein Ziel ist klar: Er will Trainer werden - nur wo, das sagt Klose noch nicht.

Das Interview führten Matthias Frickel und Roland Bischof.