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Koalition einigt sich bei Sicherungsverwahrung

27. August 2010

Wie soll man mit psychisch kranken Schwerverbrechern umgehen, nachdem sie ihre Strafe verbüßt haben? Der regierungsinterne Konflikt über die Frage wurde wochenlang offen ausgetragen. Jetzt ist eine Lösung gefunden.

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JVA-Beamter öffnet Zellentür (Foto: AP)
Die meisten Betroffenen werden auch künftig nicht frei sein ...Bild: AP

Geplant ist laut einem Kompromiss, den CDU/CSU und FDP am Donnerstag (26.08.2010) vorstellten, dass psychisch gestörte Gewaltverbrecher künftig in geschlossenen Einrichtungen weggesperrt werden können. So soll sichergestellt werden, dass Menschen, die zum Beispiel wegen schwerer Sexualdelikte inhaftiert sind, nicht wieder auf freien Fuß kommen.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erläuterte, es werde eine völlig neue Form der sicheren Unterbringung für die Betroffenen geschaffen. Dies werde "etwas anderes als Strafhaft, aber auch etwas anderes als die Unterbringung psychisch Kranker" sein.

Die Täter sollten in den geschlossenen Einrichtungen therapiert und auf die Freilassung vorbereitet werden, erklärte die bei der Reform der Sicherungsverwahrung federführende Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die psychische Störung müsse von externen Gutachtern festgestellt und regelmäßig überprüft werden.

Fußfessel für freigelassene Täter

Elektronische Fessel wird um einen Fuß gelegt (Foto: dpa)
... die anderen müssen eine Fußfessel tragenBild: picture-alliance/dpa

Der jetzt gefundene Kompromiss dürfte allerdings nicht bei allen 60 bis 80 so genannten Altfälle greifen, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen.

Die Straßburger Richter hatten an der bisher in Deutschland geltenden Regelung im Wesentlichen zwei Punkte moniert: Zum einen sei die Sicherungsverwahrung in der bisherigen Form wie eine zusätzliche Strafe anzusehen. Zum anderen wurde 1998 die bis dahin geltende Höchstdauer von zehn Jahren aufgehoben. Die Sicherungsverwahrung der auf dieser Rechtsgrundlage verurteilten Straftäter dürfe nicht rückwirkend verlängert werden.

Für die Straftäter, die infolge des Urteils nun freigelassen werden müssen, soll eine elektronische Fußfessel als Überwachungshilfe für die Polizei zum Einsatz kommen, erklärte Leutheusser-Schnarrenberger.

Union bis zuletzt für nachträgliche Verwahrung

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Bundesinnenminister Thomas de Maizière
Die beiden Minister haben sich auf einen Kompromiss verständigtBild: AP

Die Sicherungsunterbringung soll nach der Reform nur noch möglich sein, wenn sie schon im Urteil angelegt oder zumindest als Option festgehalten wird. Die Union verlangte bis zuletzt die Beibehaltung der nachträglichen Sicherungsverwahrung, weil sie davon ausgeht, dass in manchen Fällen die Gefährlichkeit der Täter erst im Verlauf der Haftstrafe festgestellt werden kann.

Die Bundesregierung will den Kompromiss nun möglichst schnell umsetzen. Der Vorschlag werde schon in der nächsten Woche im Kabinett bespochen, sagte de Maizière. Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich zuversichtlich, dass die neuen Regelungen auch vor dem Menschenrechtsgerichtshof Bestand haben werden.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, afp)
Redaktion: Susanne Eickenfonder