1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Koalition plant schnelleren Ökostrom-Ausbau

31. Oktober 2018

Union und SPD haben sich nach monatelangem Streit auf einen schnelleren Ökostrom-Ausbau verständigt. Die große Koalition will aber zugleich den Windkraftgegnern entgegenkommen. 

https://p.dw.com/p/37S9J
Windkraftanlagen mit Weizenfeld bei Stetten im Hegau, Landkreis Konstanz, Baden-Württemberg
Bild: picture-alliance

In Deutschland sollen in den kommenden Jahren für den Klimaschutz zusätzliche Windräder und Solaranlagen gebaut werden. Gleichzeitig plant die große Koalition Zugeständnisse an die Gegner neuer Windkraftanlagen auf dem Land. "Wir haben ein gutes Gesamtpaket geschnürt", teilten die stellvertretenden Fraktionschefs Carsten Linnemann (CDU) und Matthias Miersch (SPD) gemeinsam mit. Eine Arbeitsgruppe soll über feste Grenzen für die Höhe der Windräder und verbindliche Abstände zu Wohngebäuden beraten. Zudem werden neue Regeln für die Beleuchtung festgelegt. Städte und Gemeinden könnten auch mehr Mitspracherecht bekommen oder finanziell profitieren. Ergebnisse soll die Gruppe bis Ende März vorlegen. 

Über die Sonderausschreibungen für Ökostrom-Anlagen hatten Union und SPD monatelang gestritten. Nach den nun vereinbarten Plänen sollen über die kommenden drei Jahre sollen insgesamt vier Gigawatt Wind an Land und ebenso viel Photovoltaik ausgebaut werden. Zusätzlich sollen mit sogenannten Innovationsausschreibungen neue Förderbedingungen getestet werden, um den Wettbewerb in der Branche zu fördern. "Was sich in den Innovationsausschreibungen bewährt, wollen wir auf die allgemeinen Ausschreibungen übertragen", teilten die beiden Fraktionsvizes mit. 

Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, dass in den Jahren 2019 und 2020 zusätzlich je vier Gigawatt Wind- und Solarleistung ausgeschrieben werden soll. Nun kommen die Sonderausschreibungen stattdessen verteilt über drei Jahre. So soll Deutschland näher an sein Klimaschutzziel für das Jahr 2020 kommen, den Treibhausgas-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken. Derzeit liegt der Ökostrom-Anteil in Deutschland bei rund 36 Prozent, Ziel der Koalition sind 65 Prozent bis 2030. 

Ab 2020 sollen neue Windkraftanlagen nur noch dann gefördert werden, wenn sie nachts "bedarfsgerecht" beleuchtet werden - also Warnlichter nur dann angehen, wenn zum Beispiel ein Flugzeug in die Nähe kommt. Anwohner sollen dadurch weniger von den Lichtern gestört werden. Schon gebaute Windräder müssen ab 2021 bedarfsgerecht beleuchtet werden - mit Ausnahme "kleiner Windparks", für die der Umbau zu teuer wäre, heißt es in einem Eckpunktepapier der Fraktionen, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. 

Im Herbst 2019 will die Koalition dann für neue Förderbedingungen und Maßnahmen für die Akzeptanz der Windräder entscheiden sowie die Ökostrom-Ausbaupfade bis zum Jahr 2030 festlegen. 

Mit der Einigung ist nun auch der Weg frei für ein umfassendes Gesetzespaket von Bundesenergieminister Peter Altmaier (CDU). Dazu gehört auch die Förderung der gemeinsamen Gewinnung von Strom und Wärme, der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Das Gesetz hätte eigentlich schon vor der Sommerpause kommen sollen. Die Einigung solle nun "so schnell wie möglich" ins Kabinett, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. 

Solaranlagen auf Einfamilienhäusern
Solaranlagen auf EinfamilienhäusernBild: Fotolia/Ingo Bartussek

Die Staffelung der Sonderausschreibungen ist so festgelegt: 2019 sollen jeweils ein Gigawatt zugebaut werden, 2020 je 1,4 Gigawatt und 2021 je 1,6 Gigawatt. Auf die Deckelung des Photovoltaik-Ausbaus im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sollen die Sonderausschreibungen nicht angerechnet werden. Die "Innovationsausschreibungen" sollen 250 Megawatt im Jahr 2019 umfassen, 2020 dann 400 Megawatt und 2021 schon 500 Megawatt - und zwar technologieübergreifend, also Wind und Sonne. Für sie soll etwa gelten, dass die Betreiber keine Vergütung bekommen, wenn zu viel Strom auf dem Markt ist. Zudem müssen sie Rücksicht auf die Kapazität der Netze nehmen. 

Der Netzausbau geht bisher nur langsam voran und ist eines der großen Probleme der Energiewende. Vor allem der Bau großer "Stromautobahnen", die Windstrom vom Norden in die großen Verbrauchszentren nach Süddeutschland bringen sollen, stockt. Netzengpässe zu managen ist teuer. Die neue Arbeitsgruppe soll deswegen auch klären, ob eine höhere Förderung für Windräder im Süden, ein "Süd-Bonus", für einen gleichmäßigeren Ausbau in Deutschland sorgen könnte. 

stu/kle (dpa, afp, rtr)