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Koalition streitet über Arcandor-Rettung

1. Juni 2009

Soll nach Opel jetzt auch der Kaufhauskonzern Arcandor gerettet werden? Die SPD ist im Prinzip für staatliche Hilfen. Die Union warnt vor voreiligen Versprechungen - und sagt auch warum.

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Demonstranten vor Karstadt-Filiale (Foto: AP)
Karstadt-Mitarbeiter fordern Hilfe von der PolitikBild: DW-TV

Im Ringen um die Zukunft von Opel hätten voreilig gemachte Zusagen und "Heilsversprechen" dem Unternehmen geschadet, gab Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am Wochenende in der "Passauer Neuen Presse" zu bedenken. Die Verhandlungsposition von Opel gegenüber den potenziellen Investoren sei dadurch definitiv "unterminiert und untergraben" worden. Dieser Fehler dürfe sich jetzt bei Arcandor nicht wiederholen.

Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz (Foto: dpa)
Eine der reichsten Deutschen: Arcandor-Großaktionärin Madeleine SchickedanzBild: dpa

Anders argumentieren dagegen die Sozialdemokraten. Sie befürchten eine Verödung der Innenstädte, wenn Arcandor pleitegeht. Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild am Sonntag", er sei derzeit im Gespräch mit der Arcandor-Tochter Karstadt und dem Metro-Konzern, zu dem der Karstadt-Konkurrent "Galeria Kaufhof" gehört. Notwendig sei ein Zukunftskonzept, das "lebensfähige Kaufhäuser und lebendige Innenstädte erhält". Steinmeier betonte, der Staat dürfe sich aus dem Fall Arcandor nicht heraushalten.

"Wir müssen da helfen"

Auch SPD-Chef Franz Müntefering machte sich grundsätzlich für Staatshilfen stark. Es gehe "um viele tausend Arbeitsplätze im wichtigen Dienstleistungssektor - überwiegend von Frauen, sagte er der "Bild". "Wir müssen da helfen." Managementfehler dürften nicht als Argument gegen eine Staatsbürgschaft herhalten. Schließlich sollten dafür nicht die Mitarbeiter "bestraft" werden.

Der Konzern steht möglicherweise vor der Insolvenz, wenn keine staatlichen Hilfen gewährt werden sollten. Auf dem Spiel stehen damit auch die Arbeitsplätze von mehr als 50.000 Beschäftigten. Arcandor hatte bei der Bundesregierung eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro und bei der staatlichen Bankengruppe Kfw einen 200-Millionen-Euro-Kredit beantragt.

Was ist mit den Eigentümern?

Fraglich ist aber, ob es nicht noch andere Rettungsmöglichkeiten gibt. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte im ZDF, vor der Bewilligung staatlicher Mittel sei zu prüfen, ob Arcandor noch genügend eigenes Vermögen habe. Kritiker einer Millionenbürgschaft verweisen in diesem Zusammenhang auf die Konzerneigentümer, darunter die Privatbank Sal. Oppenheim und die Familie Schickedanz. Auch eine Kapitalerhöhung oder der Verkauf der Reisesparte Thomas Cook könnten die Arbeitsplätze bei Arcandor vielleicht retten.

Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Unionsfraktion, Michael Fuchs (CDU), lehnte Staatshilfen in der "Rheinpfalz am Sonntag" ab, weil die Probleme von Arcandor das Resultat jahrelangen Missmanagements seien. Auch der Vize-Chef der Organisation Hans Michelbach plädiert für "privatwirtschaftliche Lösungen". Schließlich verfüge Arcandor über "sehr vermögende Großaktionäre und sehr werthaltige Aktiva". Der SPD warf Michelbach "einseitige Konzernhörigkeit" vor. Er sieht zudem das Problem von Wettbewerbsverzerrungen im hart umkämpften Einzelhandel. Am Freitag war der Inhalt eines Gutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bekannt geworden, die von der Bundesregierung mit der Prüfung beauftragt worden, ob es bei Arcandor eine Basis für Staatshilfen gebe. Nach dem Urteil der Prüfer ist das nicht der Fall. (gri/mas/dpa)