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KFOR wechselt Kommando

Bahri Cani6. September 2012

Zum vierten Mal in Folge wird ein Bundeswehrgeneral Kommandeur der Internationalen Kosovo Truppe KFOR. Die dringlichste Aufgabe für Generalmajor Volker Halbauer: Frieden im Norden der Republik schaffen.

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ARCHIV: Der Stuetzpunkt "VJ Casino" der Kosovo Force-Truppen (KFOR) in der Innenstadt von Prizren (Kosovo) (Fotodapd)
Bild: dapd

Nach einem Jahr an der Spitze der NATO-geführten internationalen Schutztruppe im Kosovo KFOR zieht der scheidende deutsche Generalmajor Erhard Drews eine eher positive Bilanz. Diesen Eindruck zumindest hinterließ der 59-Jährige auf seiner letzten Pressekonferenz in Pristina. Alle Grenzübergänge im Norden des Kosovo seien passierbar. Geblieben sei nur die Barrikade über die Hauptbrücke des Ibar-Flusses in Mitrovica. "Unsere Schlüsselaufgabe, die Bewegungsfreiheit herzustellen, ist erreicht worden. Ich bin stolz und möchte allen KFOR-Soldaten für diesen Erfolg danken."

Ein Jahr mit vielen Rückschlägen

Vor Kurzem klang Drews Einschätzung noch anders. Anfang August resignierte er angesichts der serbischen Barrikade in der Stadt Mitrovica, die den serbischen Norden vom albanischen Süden der Stadt trennt. Bereits Ende Juli beklagte der Generalmajor, dass die Sicherheitslage im Kosovo "überhaupt nicht stabil" sei und "auch kleine Vorkommnisse in der Spirale von Provokation und Reaktion zu großflächigen Auseinandersetzungen führen" könnten. Zuvor war es im Norden des Kosovo erneut zwischen einer Gruppe Serben und der kosovarischen Polizei zu Zusammenstößen gekommen, bei denen es mehrere Verletzte gab. Ende Juni wurde ein KFOR-Stützpunkt mit zwei Granaten angegriffen. 

Kritiker - Albaner wie Serben - ziehen eine negative Bilanz: Unter Drews Kommando sei es zu zu vielen Rückschläge gekommen. Angesichts der angespannten Lage entsenden Deutschland und Österreich Ende September eine sogenannte Operational Reserve Force (ORF), eine rund 700 Mann starke Eingreifstruppe. Denn die NATO sieht - so wörtlich - weiterhin "mögliches Potential für eine erneute Lageverschlechterung". 

Generalmajor Erhard Drews, KFOR-Chef im Kosovo (Quelle: Uwe Zucchi dpa/lhe)
KFOR-General Erhard Drews zieht eine positive BilanzBild: picture-alliance/dpa

Pristina wünscht sich mehr Unterstützung

Vor dem Kommandowechsel zeigte sich der kosovarische Innenminister Bajram Rexhepi enttäuscht über die mangelnde Durchsetzungskraft der KFOR-Soldaten. Dennoch sei die Zusammenarbeit zwischen den Kosovo-Sicherheitstruppen und der KFOR nach wie vor sehr gut. "Die KFOR war und bleibt eine der angesehensten internationalen Institutionen im Kosovo. Sie machen ihren Job." Manchmal habe man General Drews kritisiert, weil die Bewegungsfreiheit im Norden des Kosovo noch nicht vollständig hergestellt wurde, so Rexhepi.

Er würde sich mehr Unterstützung für EULEX und die Kosovo-Polizei durch die KFOR wünschen, vor allem wenn es darum ginge, Kriminelle im Norden des Kosovo zu verhaften und vor Gericht zu bringen. Denn im Norden des Kosovo gebe es nicht nur parallele politische Strukturen, sondern auch eine bewaffnete illegale serbische Polizei und Geheimdienste, die ein normales Leben dort verhindern würden. "Diese Strukturen stecken hinter den Gewaltausbrüchen, die von Zeit zu Zeit auftreten. Auch jetzt können sie Spannungen im Norden des Kosovo schaffen, jedoch nicht im ganzen Kosovo."

Die Serben im Norden des Kosovo vermeiden die offiziellen Grenzübergänge nach Serbien und benutzen "alternative Wege". Trotz zahlreicher Anläufe scheiterten die KFOR-Soldaten beim Versuch, diese illegalen Grenzübergänge dicht zu machen. Gleichzeitig werfen die Serben im Norden des Kosovo der internationalen Truppe Versagen und eine zu starke Unterstützung der Institutionen in Pristina vor.

Große Herausforderungen für den neuen KFOR-Chef

Die Barrikade über den Ibar-Fluss in Mitrovica erklären Beobachter zum größten Misserfolg des Generals. Auch Drews selber bezeichnete die aus Schotter und Beton errichtete Straßensperre als eine "Schande“. "Diese Barrikade ist ein Symbol des Widerstandes. Sie erinnert alle daran, dass der politische Prozess im Kosovo weitergehen muss."

Zwar ist der politische Prozess keine Aufgabe der KFOR. Dennoch wird die fehlende Bereitschaft der Regierungen in Belgrad und Pristina, die Beziehungen zu normalisieren, auch die Arbeit des neuen Kommandeurs stark belasten.

Serbische Barrikaden auf der Brücke über den Ibar (Quelle: Ahmet Jashari - der Sprecher der Gemeinde Mitrovica in Kosovo und die DW darf die Bilder für ihren Zwecke benutzen. Die Bilder wurden am Septmber 2011 und März 2012 aufgenommen)
Serbische Barrikaden auf der Brücke über den IbarBild: Ahmet Jashari

Der 56-jährige Generalmajor Volker Halbauer ist ab Freitag (07.09.2012) der sechste deutsche Kommandeur und der vierte in Folge seit der Stationierung der KFOR im Kosovo 1999. Er wird es am Anfang seines einjährigen Mandats noch schwerer als sein Vorgänger haben. Denn am 10. September wird die sogenannte "überwachte Unabhängigkeit" des Kosovo offiziell aufgehoben. Mit dem Zivilbüro in Pristina schließt dann eine wichtige Institution der internationalen Gemeinschaft seine Pforten, die mit für die Umsetzung des "Ahtisaari-Plans" zum Erreichen der Unabhängigkeit des Kosovo verantwortlich war.