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Überfälliger Schritt

Peter Stützle1. November 2007

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren ersten Indien-Besuch beendet. Die stärkere Hinwendung zu Indien war längst überfällig, meint Peter Stützle in seinem Kommentar.

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Bild: DW

Mögen in Berlin auch große politische Probleme auf Angela Merkel warten, in der Außenpolitik vermag sie immer noch zu punkten. Man muss ihr attestieren, dass sie die lange einseitige Fixierung der deutschen Asienpolitik auf China aufgebrochen und die Aufmerksamkeit auf Indien gelenkt hat. Dieser Schritt war überfällig. Es war aber der damalige Wirtschaftsminister Singh, der Anfang der 1990-er Jahre die selbst gewählte Abschaffung des indischen Marktes aufgebrochen und damit die wirtschaftliche Aufholjagd eingeleitet hat, über die man jetzt mit großer Verspätung auch in Deutschland staunt. Als Premierminister hat Singh nun die ursprünglich als Arbeitsbesuch geplante Visite Angela Merkels zu Staatsbesuch aufgewertet und damit eine Grundlage für den Erfolg gelegt.

Abwendung von China?

Als armes Land, mit riesiger heterogener Bevölkerung mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Demokratie gewagt zu haben, das alleine hätte schon längst mehr Anerkennung verdient. Angela Merkel hat es jetzt in Neu Delhi und Bombay immer wieder betont, es sind gemeinsame Werte wie Achtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und eben Demokratie, die Deutschland mit Indien verbindet - anders als mit dem anderen Giganten in Asien.

China könnte nun diese neue starke Zuwendung zu Indien als Abwendung verstehen, was Merkel zwar erklärtermaßen nicht will, aber offenbar in kauf nimmt. Mit dem rasanten Aufschwung wächst in Indien inzwischen auch die Kluft zwischen der neuen Mittelschicht und dem noch immer bitter armen unteren Drittel der Bevölkerung. Man kennt das aus China, aber für eine Demokratie werden daraus erwachsende Spannungen eine weit größere Gefahr. Angela Merkel hat auch darauf nachdrücklich hingewiesen. In diesem Fall nicht in öffentlichen Reden, aber hinter verschlossenen Türen gegenüber ihren Gesprächspartnern.

Differenzen bleiben

Natürlich hat Angela Merkel nicht in allen Punkten Übereinstimmung erzielen können. Bei den Doha-Welthandelsgesprächen, die sich seit Jahren hinziehen, bleiben Differenzen zwischen Indien und Deutschland, so wie überhaupt zwischen hoch entwickelten Ländern, aufstrebenden wie Indien und den ganz armen. Auch beim Klimaschutz, für den Ende des Jahres in Bali ein weltweit er Durchbruch erhofft wird, ist man noch ein gutes Stück auseinander.

Aber in diesen beiden essenziellen Weltfragen haben die Gespräche zwischen Manmohan Singh und Angela Merkel inzwischen den festen Willen beider Seiten hervorgebracht, zu einer Lösung beizutragen. Sollte sie am Ende gelingen, wird man die drei Tage der Angela Merkel in Indien wohl nachträglich als noch erfolgreicher einstufen müssen.