1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Alle Augen auf Huawei

Clifford Coonan DW-Wirtschaftsredaktion
Clifford Coonan
4. November 2019

In der Volksrepublik China geht das neue 5G-Netz des Telekom-Riesens Huawei an den Start. Doch das Unternehmen wird den Ruf nicht los, Befehlsempfänger Pekings zu sein, kommentiert Clifford Coonan.

https://p.dw.com/p/3SPAH
China Ji'nan | Huawei Chip
Bild: picture-alliance/dpa/Imaginechina/D. Qing

Der chinesische Telekommunikationsriese Huawei hat Monate früher als geplant seine 5G-Netze der nächsten Generation vorgestellt. China ist damit auf dem Weg, der größte 5G-Markt der Welt zu werden, und Huawei ist der Wegbereiter dieses Erfolgs.

Doch Huawei bleibt eines der umstrittensten Unternehmen weltweit und ein zentraler Faktor im Handelskrieg zwischen China und den USA. Denn die beiden größten Volkswirtschaften der Welt kämpfen auch um die technologische Vorherrschaft - 5G ist dabei eine wichtige taktische Waffe.

Wie gut ist Huawei wirklich?

Unter den Cybersicherheitsexperten wächst derzeit die Sorge, dass in Ländern wie Deutschland vor allem wirtschaftliche Aspekte die Entscheidung über die Einführung der Huawei 5G-Technologie beeinflussen.

Deshalb muss man ernsthaft die Frage stellen: Wie gut ist Huawei wirklich? Das in Shenzhen ansässige Unternehmen ist eines von drei großen internationalen Playern im Bereich 5G. Die anderen beiden sind Ericsson und Nokia. Doch Huawei genießt bei Telekommunikationsanbietern den Ruf, günstig und schnell zu sein. Außerdem freut man sich in Peking über den "nationalen Champion" und hilft, wo man kann.

Denn China hatte zuvor den Wettlauf um die Einführung der 4G-Technologien verloren. Daraufhin begann die Volksrepublik Milliarden in Huawei zu stecken - in Form von Subventionen und Zuschüssen. Aufgrund der EU-Wettbewerbsregeln hatten Ericsson und Nokia nicht die gleichen Vorteile.

Aber Huaweis Technologie hat einige Kritiker: "China war besser im Marketing, bot günstigere Preise für die gesamte 5G-Palette. Die jüngste EU-Bewertung zu 5G hat jedoch gezeigt, dass ihr Software-Engineering von schlechter Qualität ist und Schwachstellen auf mehreren Ebenen aufweist", sagte Nate Snyder, ein Cyber-Sicherheitsexperte, der für das US-Innenministerium unter Barack Obama arbeitete.

Lachende Dritte?

Im Mai hatte die US-Regierung Huawei wegen Bedenken um die nationale Sicherheit auf eine schwarze Liste gesetzt - damit wird US-Unternehmen verboten, bestimmte Teile an Huawei zu liefern. Im selben Monat erhielten Ericsson und Nokia beide 5G-Aufträge vom japanischen Softbank-Konzern. Dort ersetzen sie Huawei. Ericsson unterzeichnete bereits im März einen ähnlichen Pakt mit Dänemarks größtem Telefonunternehmen TDC. Auch dort hatte man seit 2013 mit Huawei zusammenarbeitet.

Clifford Coonan DW-Wirtschaftsredaktion
DW-Redakteur Clifford CoonanBild: DW

Angesichts der schwarzen Liste in den USA will Huawei die Abhängigkeit von ausländischen Technologien verringern. Im vergangenen Jahr stellte Huawei mit 5405 Patentanmeldungen innerhalb eines Jahres einen neuen Rekord auf. Eine Studie des in Tokio ansässigen Forschungsunternehmens Patent Result zeigt, dass jedoch nur 21 Prozent der von Huawei eingereichten Patente als hoch innovativ eingestuft werden können. Zum Vergleich bei Intel sind es 32 Prozent und der Chiphersteller Qualcomm kommt sogar auf 44 Prozent.

In Bezug auf den Vorsprung von Huawei bei 5G fragt Tom Uren, Senior Analyst am Australian Strategic Policy Institute (ASPI): "Ist es eine gute Idee, eine kritische Basistechnologie von einem Staat kontrollieren zu lassen, der eine Geschichte weitreichender Cyberspionage hat?" Uren ist sich sicher, dass staatliche Akteure versuchen werden, über 5G-Netze Spionage zu ermöglichen.

Wer steckt hinter Huawei?

Trotz einer massiven Werbekampagne muss Huawei noch immer erklären, wem das Unternehmen genau gehört, wie es geführt wird und ob es unabhängig von der regierenden Partei ist. Die letzte Frage drängt sich auf, schaut man auf die seltsamen Zufälle: Beispielsweise als Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Gründers, im vergangenen Jahr in Vancouver verhaftet wurde, nahm Peking daraufhin zwei ranghohe Diplomaten fest - angeblich wegen Spionage. 

Außerdem kooperiert Huawei bei der Sicherheitstechnologie in der Region Xinjiang, wo über eine Million Menschen, hauptsächlich Muslime, in Zwangsunterkünften festgehalten werden. Der Konzern wurde auch von Cisco und Motorola wegen Diebstahls geistigen Eigentums verklagt.

Merkel sorgt für Verwunderung

Wohl auch wegen all dieser Vorwürfe, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel für viel Aufsehen gesorgt, als sie beschloss, Huawei am Aufbau des deutschen 5G-Netzes teilhaben zu lassen.

Der Schritt Merkels ärgerte auch die USA, die damit drohten, in so einem Falle die Zusammenarbeit der Geheimdienste zu verringern. Um ihre Kritiker zu beruhigen, bestand Merkel auf einem "No-Spying-Pakt" von Huawei.

Wie dieser durchgesetzt werden soll, ist unklar. Denn nach dem chinesischen National Intelligence Law von 2017 sind Unternehmen verpflichtet, "die nationale Nachrichtenarbeit zu unterstützen". Das Gesetz weist sie auch klar an, die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Nachrichtendiensten nicht offen zu legen.

So mag Huawei vielleicht aktuell gerüstet sein, dass 5G-Universum zu dominieren. Dennoch sollte man den Konzern und seine Nähe zu Peking ganz genau beobachten. Es ist unwahrscheinlich, dass das Unternehmen den Ruf abschütteln kann, Befehlsempfänger Pekings zu sein.