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Die AU bleibt ein hilfloser Polizist

Ludger Schadomsky31. Januar 2014

Die Afrikanische Union hat zwar einige Erfolge in den vergangenen Jahren vorzuweisen. Die großen Krisen auf dem eigenen Kontinent bekommt sie aber nach wie vor nicht in den Griff, meint Ludger Schadomsky.

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Ludger Schadomsky leitet die Amharisch-Redation der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Man stelle sich vor, der griechische Ministerpräsident ließe den zu einem Euro-Krisengipfel nach Brüssel geeilten Staatslenkern Europas ausrichten, er habe "Besseres zu tun", als einen Gipfel mit ihnen zu besuchen, und man möge ihn doch bitte entschuldigen.

So etwas ist tatsächlich geschehen beim jüngsten Treffen der afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Addis Abeba vom 30. bis 31.01.2014. Der südsudanesische Präsident Salva Kiir ließ ausrichten, die AU könne ihm gepflegt den Buckel hinunterrutschen - dabei stand die Krise seines Landes ganz oben auf der Tagesordnung.

Die Anekdote offenbart das Dilemma der afrikanischen Sicherheitsarchitektur. So wurde die hoffnungslos voreingenommene Regionalgruppe IGAD mit der Vermittlung im Südsudan betraut, einem Konflikt, der einen regionalen Flächenbrand auslösen könnte. Der stellvertretende UN-Generalsekretär etwa sprach in Addis Abeba von einer "Wunde, die sich schnell an ihren Rändern entzündet". Dennoch wird zugelassen, dass ein Land wie Uganda als Mitglied besagter IGAD auf der einen Seite Mediator ist, auf der anderen Seite aber eigene Interessen verfolgt und aktiv ins Kampfgeschehen eingreift. Und die AU steht dabei am Rand. Ihr Sudanvermittler, der frühere südafrikanische Präsident Thabo Mbeki, darf allenfalls hinter den Kulissen vermitteln.

Großes militärisches Engagement

Der Fairness halber muss gesagt werden, dass sich die AU heute in zahlreichen Ländern mit Friedenstruppen engagiert - aktuell in der Zentralafrikanischen Republik, aber auch in Somalia, wo immerhin 22.000 Soldaten stehen. Auch schließt der Staatenbund heute zügig Mitglieder aus, die Menschrechte und Demokratie allzu sehr mit Füßen treten. So wurde Madagaskar nach der Suspendierung 2009 infolge eines Putsches erst in diesem Jahr wieder in die Staatengemeinschaft aufgenommen.

Doch ein ernstzunehmender sicherheitspolitischer Akteur, der die vielzitierten "afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme" bereithält, ist der chronisch unterfinanzierte Bund nach wie vor nicht. Jede neue Militärmission ist ein zusammengeschustertes Himmelfahrtskommando mit schlecht ausgebildeten Soldaten und noch schlechterer Ausrüstung. Vor allem die seit vielen Jahren diskutierte Aufstellung der mobilen Einsatztruppe ASF (African Standby Force) scheitert weiterhin an Finanzen und Partikularinteressen.

Vision von einer Schokoladenhauptstadt

Dazu kommt die nach wie vor weit verbreitete Weigerung, ernst zu machen mit guter Regierungsführung. Verheerend war in Addis das Fazit nach zehn Jahren NEPAD - ein mit großen Ambitionen gestartetes Good-Governance-Programm mit einem System gegenseitiger Evaluation. In einer Dekade wurden gerade einmal 17 Länder unter die Lupe genommen - und nur in einigen wenigen Fällen das vorgeschriebene "Follow-Up" unternommen, also überprüft, ob die Empfehlungen auch umgesetzt wurden.

Anderswo denkt man dagegen gerne groß: AU-Chefin Dlamini-Zuma propagierte einmal mehr ihre Idee von einem "Afrika 2063", in dem unter anderem die ghanaische Hauptstadt Accra Brüssel als "Hauptstadt der Edelschokolade" abgelöst haben soll. Die Frau hat Mut!

So bleiben vom diesjährigen Krisengipfel als konkrete Ergebnisse die Initiative Algeriens, den AU-Plenarsaal nach dem verstorbenen südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela zu benennen, die kurzfristige Einberufung eines Gebergipfels zur Zentralafrikanischen Republik sowie die Wahl Mauretaniens zum neuen Vorsitzenden der AU. Der Präsident des nordafrikanischen Landes heißt Mohamed Ould Abdel Aziz und hat es geschafft, binnen vier Jahren zwei Staatsstreiche zu veranstalten. Wenn dies die Vision von Afrika 2063 ist, dann ist sie schon heute gescheitert.