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Bonner Festtagsdiplomatie

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt
16. Januar 2018

Bei der Feier zum 15-jährigen Jubiläum der NADA in Bonn bleibt Festredner und WADA-Präsident Reedie im Bezug auf den russischen Dopingskandal zu gönnerhaft gegenüber dem IOC, meint DW-Redakteur David Vorholt.

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Bonn, 15 Jahre Nationale Anti Doping Agentur Deutschland, Craig Reedie
Bild: picture-alliance/dpa/H.Kaiser

Zugegeben, man kann nicht davon sprechen, dass der WADA-Präsident nur im Ungefähren bleibt und vage daher redet. Im Interview mit dem SID, das am Rande der Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen der NADA in Bonn geführt wird, bezieht Craig Reedie durchaus Stellung. Das Problem dabei: Man kann den Eindruck gewinnen, der ehemalige Badminton-Spieler spreche nicht für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), sondern für das IOC selbst. Unabhängigkeit klingt anders - oder sollte zumindest anders klingen.

So fordert Reedie, dass im hochbrisanten Dopingskandal um die Spiele von Sotschi 2014 alles im Sinne des IOC laufen solle, also dessen Entscheidungen bestätigt und noch zu verhandelnde Sachverhalte im Sinne des Olympischen Dachverbandes entschieden werden sollten. Reedie wünscht sich mit Hinweis auf die bald beginnenden Spiele in Pyeongchang vor allem eine "schnelle Entscheidung” und geht davon aus, dass der für diese Woche erwartete Beschluss der zuständigen Kommission des IOC die Sanktionen gegen das russische Nationale Olympische Komitee bestätigen wird.

Soweit, so gut. So schlüssig, so legitim. Aber dass der WADA-Präsident zu einem solch brisanten und umstrittenen Thema nicht energischer, kritischer und differenzierter zu Werke geht und stattdessen die Forderung nach einer schnellen Entscheidung im Sinne des IOC fordert, zeugt nicht gerade von kritischer Distanz.

Ergebniswunsch an die Kommission

Reedie wirkt "linientreu" und verpasst es zu signalisieren, dass man auch die Vorgänge im IOC und dessen Begründung kritisch hinterfragen kann, selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass das Ergebnis - Sperre für Russland, Start russischer Einzelsportler nur unter neutraler Flagge - das richtige ist. Nur erweckt Reedie leider den Eindruck, als habe er das Vorgehen des IOC in den vergangenen Wochen erst gar nicht hinterfragt.

Internationales Olympisches Komitee - Thomas Bach
Wie kritisch ist die WADA gegenüber dem IOC?Bild: picture alliance/dpa/C. Charisius

Reedie führt den Kampf gegen Doping sicherlich mit Engagement und Leidenschaft, doch pflegt der oberste Dopingjäger bei der Feier der NADA eher den Jargon der Sportfunktionäre, von denen er und der Anti-Doping-Kampf eigentlich unabhängig sein sollten. Er lobt die "erstklassige und detaillierte Arbeit der Kommission" noch bevor er das Ergebnis kennt und hofft auf  "die richtige Entscheidung". Jedoch: Jemand, der an eine unabhängige, detailliert und gewissenhaft arbeitende Kommission glaubt, der hofft nicht auf die Richtigkeit ihrer Entscheidung, sondern weiß, dass sie richtig sein wird - ganz egal wie sie ausfällt.

Antworten und Distanz fehlen

Dopingprävention sei im Olympischen Jahr noch "bedeutender als sonst", lautet eine weitere, weitgehend inhaltslose Botschaft Reedies. Gerade ihm als WADA-Präsident müsste in höchstem Maße daran gelegen sein, dass die Dopingprävention immer bedeutend ist. Zu jeder Zeit, ganz unabhängig davon, ob gerade eine besonders für das IOC wichtige olympische Großveranstaltung ansteht oder nicht.

In seiner Laudatio sprach Reedie dann noch davon, dass das Anti-Doping-System weiter unabhängig von Staaten und Verbänden operieren müsse. Damit hat er Recht, doch wie genau das ausgestaltet werden soll, darauf fehlt Reedie eine schlüssige Antwort. Sie fehlt - genau wie die kritische Distanz bei der Betrachtung des IOC im Bezug auf den kolossalen Dopingskandal und dessen Aufarbeitung.

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David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion