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Chaos ohne Ende in der Republik Moldau

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Robert Schwartz
21. Januar 2016

Auch nach der Vereidigung der neuen moldauischen Regierung gehen die Proteste in Chisinau weiter. Die Republik Moldau ist auf dem besten Weg zu einem gescheiterten Staat, meint Robert Schwartz.

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Proteste in der Republik Moldau
Bild: DW/C. Grigorita

In der moldauischen Hauptstadt brodelt es weiter ohne Unterlass, obwohl das Land eine neue Regierung hat. Pro-russische Parteien und die pro-europäische Bürgerplattform DA haben sich die Hand gereicht, um gegen den Kuhhandel zu demonstrieren, der den neuen Premierminister Pavel Filip erst ermöglicht hat.

Vereidigung um Mitternacht

Der erklärte Feind dieser so unnatürlichen Protest-Allianz ist der umstrittene Oligarch und Strippenzieher Vlad Plahotniuc, der starke Mann vor und hinter den Kulissen. Der neue Premier kommt aus der Demokratischen Partei, die von Plahotniuc kontrolliert wird, und konnte im Parlament nur dank der Überläufer aus der Kommunistischen Partei und der Abweichler aus dem liberalen und liberal-demokratischen Lager eine Mehrheit finden. Dass die Regierung klammheimlich um Mitternacht vereidigt wurde, fernab der Öffentlichkeit und nach heftigen Ausschreitungen im Parlament, schürt natürlich den Verdacht, dass der Oligarch die staatlichen Institutionen weiter unter seiner Kontrolle hat.

Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass Moskau - wie so oft in der Region - auch diesmal die Finger im Spiel hat. Nicht nur hinter vorgehaltener Hand sprechen Experten in der Moldau, aber auch in der Europäischen Union, vom ukrainischen Modell, das jetzt auch in Chisinau zur Anwendung komme. Die anfängliche Erfolgsgeschichte der Moldau in der Östlichen EU-Partnerschaft war Russland schon immer ein Dorn im Auge. Der eingefrorene Konflikt in der separatistischen moldauischen Region Transnistrien, die weiterhin dort stationierten russischen Truppen, das Handelsembargo gegen die Moldau nach der Unterzeichnung des EU-Assoziierungsvertrags - das alles gehört zum bekannten Instrumentarium Putinscher Regionalpolitik. Und natürlich die politische Einflussnahme über gleichgeschaltete Parteien.

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Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Hinzu kommen die zunehmenden Drohgebärden aus Moskau gegen die Ostflanke der NATO und der EU. Eine Destabilisierung der Republik Moldau hätte direkte Folgen vor allem auf das Partner- und Schwesterland Rumänien. Noch reagiert Bukarest verhalten auf die Ereignisse in Chisinau, doch bei einer Verschärfung der Lage müsste Rumänien, müssten EU und NATO klare Positionen beziehen.

Warum will die Bürgerplattform DA Neuwahlen?

Der Zweck heiligt die Mittel - das hören wir jetzt von Vertretern der Bürgerplattform DA. Aber dass sie Schulter an Schulter mit den pro-russischen Parteien Neuwahlen erzwingen wollen, ist irritierend und macht die Sache nicht einfacher. Laut Umfragen würden bei vorgezogenen Neuwahlen die beiden pro-russischen Parteien - Sozialisten und “Unsere Partei“ - einen klaren Sieg einfahren. Den Vertretern der Bürgerplattform DA dürfte dies nicht unbekannt sein. Für sie wäre kein Platz in dieser Konstellation - es sei denn, auch hier gäbe es einen Kuhhandel. Alles scheint möglich in der Moldau.

Und die sogenannte pro-europäische Regierung Filip? Es ist die sechste Umbildung des Kabinetts innerhalb eines Jahres. Die Enttäuschung der EU-Befürworter in dem derart gespaltenen Land ist riesig. Die pro-europäischen Parteien scheinen weiterhin nur mit sich selbst und mit der Aufteilung der Pfründe beschäftigt zu sein. Die meisten Menschen in der Republik Moldau wünschen sich eine neue politische Klasse und eine tatsächliche europäische Perspektive. Doch was sie bekommen haben, sind schwache staatliche Institutionen sowie die Fortsetzung von Korruption, Vetternwirtschaft, politischer und wirtschaftlicher Instabilität. Der perfekte Nährboden für populistische und extremistische Parteien. Und ein klares Zeichen, dass die Republik Moldau nur noch eine Hand breit entfernt ist von einem gescheiterten Staat.

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