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Das Ende von Karstadt

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Henrik Böhme
15. Juni 2015

Die deutsche Warenhaus-Kette Kaufhof wird kanadisch. Für den Kaufhof-Konkurrenten Karstadt ist das eine schlechte Nachricht. Denn damit rückt das Aus für Karstadt näher, meint Henrik Böhme.

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Bild: dapd

Das hatte sich René Benko anders ausgemalt. Dem smarten Österreicher gehört Karstadt, jene traditionsreiche Kaufhaus-Kette, die man in jeder größeren Stadt Deutschlands finden kann. Aber Karstadt dümpelt seit Jahren vor sich hin. Wer hat sich nicht alles schon als Retter versucht: Ein gewisser Thomas Middelhoff zum Beispiel, der heute die Rechnungen seiner Gläubiger nicht mehr bezahlen kann oder will. Dann kam der Kosmopolit Nicolas Berggruen, der das Unternehmen immerhin vor dem Konkurs retten konnte. Aber auch er merkte bald, dass er Karstadt nicht zu altem Glanz verhelfen konnte. So verkaufte er die Kette weiter an - siehe oben - René Benko, für einen Euro. Mehr hatte Berggruen auch nicht ausgegeben.

Benko hat, so wurde er nicht müde zu betonen, Geld und einen Plan. Drei Karstadt-Luxushäuser, das berühmte Berliner KaDeWe, das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg, gehörten ihm ja schon. Die hat er mittlerweile versilbert und die Mehrheit an die thailändische Central Group verkauft. War ja auch eine schöne Schlagzeile: Kaufhaus des Westens geht an den Fernen Osten.

Keine deutsche Warenhaus-AG

Mit dem Geld wollte Benko den nächsten Coup starten, nämlich den Kauf des Konkurrenten Kaufhof. Der gehört zum deutschen Handelskonzern Metro, der gerade sein Portfolio bereinigt. Kaufhof geht es nicht etwa schlecht, verglichen mit Karstadt sind die Häuser beinahe Goldgruben. So konnte für eine kurze Zeit der alte Traum von einer deutschen Warenhaus-AG bestehend aus Kaufhof und Karstadt weitergeträumt werden. Die Vermutung liegt aber nahe, dass, hätte Benko den Zuschlag bekommen, nur eine der beiden Ketten übrig geblieben wäre.

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Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Jetzt also kommen die einstigen Fellhändler der altehrwürdigen kanadischen Handelsunternehmung Hudson's Bay zum Zuge. Das ist für den deutschen Einzelhandelsmarkt zunächst mal eine gute Nachricht. Zumal die Kanadier betonen, keinesfalls Häuser schließen zu wollen, sondern die Übernahme als Ausgangspunkt für ihre europäischen Expansionspläne zu betrachten. Man wolle massiv investieren und womöglich auch neue Leute einstellen.

Was machen die Spanier?

Für die 17.000 verbliebenen Mitarbeiter von Karstadt hingegen ist das eine schlechte Nachricht. Denn es ist nicht abzusehen, wie es gelingen soll, das Unternehmen wieder flott zu kriegen. Benkos Plan, Karstadt mit Kaufhof zu verschmelzen, hätte vielleicht funktioniert, wenn auch mit hohen Verlusten. Alleine hat Karstadt keine Chance. Benko wird nach einem starken Partner Ausschau halten müssen. Vielleicht fühlt sich der spanische Konkurrent El Corte Ingles jetzt herausgefordert. Denn die erfolgreichen Spanier werden schnell erkennen, dass mit Hudson's Bay jemand kommt, der ihnen gefährlich werden kann. Die Zukunft des deutschen Kaufhaus-Marktes bleibt jedenfalls spannend.

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58