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Politik

Demonstration der Stärke

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
9. Mai 2018

Die alljährliche Parade auf dem Roten Platz ist Tradition in Moskau: Am 9. Mai gedenkt Russland des Sieges der Roten Armee über Nazideutschland. In diesem Jahr steckt eine neue Botschaft darin, meint Miodrag Soric.

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Russland Moskau Parade Roter Platz
Bild: picture-alliance/Photoshot/Wu Zhuang

Der Boden bebt, als Panzer über den Roten Platz rollen; die Luft dröhnt, als Kampfflugzeuge in niedriger Höhe über den Kreml fegen; Politiker und Generäle, denen der Stolz ins Gesicht geschrieben ist. Mit der traditionellen Parade gedenkt Moskau des Sieges über die Nazi-Diktatur. Russland will Stärke demonstrieren - eine Botschaft, die sich vor allem an die Amerikaner richtet. Nach monatelangem Warten, ob sich mit Präsident Trump die bilateralen Beziehungen verbessern werden, hat Moskau diese Hoffnung aufgegeben. Schließlich dreht Amerika weiter an der Sanktionsschraube, versucht Russland als Rohstofflieferant aus dem europäischen Markt zu drängen und attackiert jetzt einen engen Verbündeten: Teheran.

Für Präsident Putin ist diese neue Krise vor allem eine Chance. Denn Trump schafft, was dem Kreml lange nicht gelang: den Westen zu spalten, möglicherweise auf Jahre. Die EU will am Vertrag mit Teheran festhalten. Dafür braucht sie die Unterstützung aller Unterzeichnerstaaten - also auch Russlands. Die EU scheint nicht einknicken zu wollen, vor den neuen Drohungen der USA: Washington droht, Unternehmen mit Sanktionen zu belegen, die mit dem Iran weiter Handel betreiben, was den transatlantischen Zwist vertiefen dürfte. Kurzum: Aus der Spaltung des Westens könnte Putin politisches Kapital schlagen, ohne etwas zu tun.

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Miodrag Soric ist Korrespondent in Moskau

Denn wenn Deutschlands neuer Außenminister Heiko Maas am Donnerstag in Moskau für die Beibehaltung des Atom-Abkommens wirbt, dann rennt er hier offene Türen ein. Der Kreml hat das Iran-Abkommen stets unterstützt; wird es auch weiter tun. Doch anders als die offenbar unberechenbaren Amerikaner kann sich Moskau jetzt als verlässlicher Partner gerieren. Putin lehnt außenpolitische Alleingänge ohnehin ab, die der Amerikaner allemal. Russland fest an der Seite der EU: Trump hätte seinem Amtskollegen in Moskau kaum ein besseres Geschenk zum „Tag des Sieges" machen können.

So wie Russland befürchtet die EU, dass mit der Aufkündigung des Atomabkommens ein gefährliches Wettrüsten im Nahen Osten in Gang kommen könnte, gar ein weiterer Krieg droht. Amerika ist weit weg. Eine neue Flüchtlingswelle würde in Europa aufschlagen. So wie in den letzten Jahren zahlt vor allem der alte Kontinent den Preis für die verheerende Irak-Politik der USA. Washington drückt sich vor seiner Verantwortung, nimmt kaum Flüchtlinge auf.  

Und jetzt Präsident Putin als verlässlicher Partner der EU? Das wäre verfrüht und derzeit wenig glaubwürdig. Allein schon wegen des Krieges im Osten der Ukraine. Jede Wiederannäherung an die EU kann erst ihren Anfang nehmen, wenn dieser „Bruderkrieg" beendet ist. Kanzlerin Merkel wird dieses und andere Themen ansprechen bei ihrem Besuch auf Putins Sommerresidenz in Sotchi am 18. Mai. Davor wird Wirtschaftsminister Altmaier im Kreml über die westliche Sanktionspolitik verhandeln. Auch andere europäische Minister reisen in diesen Tagen nach Moskau und sprechen sich mit ihren Amtskollegen ab.

Washington sollte dies nachdenklich machen. 

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