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Politik

Es geht nur so

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Felix Steiner
17. März 2020

Jeden Tag neue Verbote und Beschränkungen unserer Freiheiten. Wie lange soll das so weitergehen? Am schnellsten ist es vorbei, wenn wir uns an die Regeln halten, die in dieser Krise nötig sind, meint Felix Steiner.

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Deutschland Berlin | Coronavirus | Pressekonferenz Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Die Bundeskanzlerin macht es richtig: zwei Meter Abstand nach allen SeitenBild: Getty Images/M. Hitij

Wenn Sie mir vor einer Woche vorhergesagt hätten, was die Bundeskanzlerin am Montagabend angekündigt hat - ich hätte Sie ausgelacht. Solche Maßnahmen im modernen Deutschland, in dem uns die individuelle Freiheit über alles geht? Unvorstellbar! Ja, in China mag das funktionieren. Auch im Iran oder in Russland - überall da eben, wo die Menschen staatliche Drangsalierung seit Jahrzehnten gewöhnt sind. Aber hier, mitten in Europa? Niemals!

Doch passiert es jetzt. Und es ist auch sinnvoll. Denn die Infektionszahlen in Deutschland und seinen Nachbarländern explodieren in diesen Tagen geradezu. Zustände wie in Norditalien will niemand. Dort müssen Ärzte wie in einem Kriegslazarett entscheiden, bei wem sich die Behandlung überhaupt noch lohnt oder wen sie einfach liegen und sterben lassen müssen.

Botschaft noch nicht überall angekommen

Soweit, so nachvollziehbar. Und doch hat die Botschaft, auf was es jetzt ankommt, viele immer noch nicht erreicht. Obwohl die Pressekonferenz der Kanzlerin vom vergangenen Donnerstag sowie diverser Ministerpräsidenten vom Freitag bereits mehr als beeindruckend waren. Viele Menschen, die ich kenne, haben jedenfalls geradezu Angst bekommen. 

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DW-Redakteur Felix Steiner

Aber es hat eben nicht gereicht, wie der gewiss nicht repräsentative Blick aus meinem Wohnzimmerfenster in den vergangenen drei Tagen zeigt: Am Samstagabend ging mein Nachbar, wie jeden zweiten Samstag, zum Kegeln - Geselligkeit in der Gruppe vom Feinsten. Die jungen Männer aus unserer Straße waren Samstag wie Sonntag gemeinsam beim Fußball-Training. Und seit am Montag die Schulen geschlossen haben, ist auf der Straße eine Stimmung wie in den Sommerferien. Nur dass jetzt noch mehr Kinder gemeinsam draußen spielen, weil derzeit ja keine Familien im Urlaub sind. Aber das Wetter dieser Tage wunderbar sonnig und herrlich warm ist. Frühling eben.

Aus vielen deutschen Städten vergleichbare Bilder und Berichte: überfüllte Eiscafés und Zoos am Sonntag, auf Spielplätzen und in Grünanlagen ein Treiben, als wäre rein gar nichts. Beschränkung der sozialen Kontakte auf das absolut notwendige Minimum stellen sich Virologen jedenfalls ganz anders vor. Und deswegen muss das, was auf freiwilliger Basis über Appelle an die Vernunft nicht funktioniert, jetzt eben mit Verboten erzwungen werden.

Es kommen noch mehr Verbote

Noch hat die Verbotsliste der Bundesregierung und der Bundesländer viele Ausnahmen: Daher sind weitere Verschärfungen in den kommenden Tagen denkbar, nein geradezu sicher - man blicke nur nach Frankreich, Italien oder Spanien. Da gibt es inzwischen richtige Ausgangssperren. Und nur eine bestimmte Anzahl Menschen darf gleichzeitig in die Märkte zum Einkaufen. Zustände, die ich nur von Erzählungen meiner Eltern und Großeltern aus der unmittelbaren Nachkriegszeit kenne.

Das alles will niemand, und es kann - wenn überhaupt - auch nur eine vergleichsweise kurze Zeit funktionieren. Seien wir also ehrgeizig: Lassen Sie uns versuchen, es ohne noch mehr Verbote zu schaffen, in dem wir die bestehenden Regeln endlich ernst nehmen! Ja, wir alle zahlen dieser Tage einen hohen Preis mit der Einschränkung unserer Freiheit. Einen deutlich höheren Preis zahlen aber alle die, deren wirtschaftliche Existenzen durch diesen Ausnahmezustand zerstört werden. Ihre Zahl wird umso kleiner sein, je kürzer dieser Zeitraum bleiben kann.

Lasst uns Leben retten!

Den höchsten Preis zahlen jedoch die, denen das Coronavirus das Leben nimmt. Das sind in erster Linie alte und kranke Menschen - aber nicht nur. Es kann jeden und jede treffen. Rücksichtnahme in diesen Tagen rettet Leben. Deswegen: #FlattenTheCurve!