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Politik

Der Großmeister der leeren Versprechen

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
14. Februar 2018

Boris Johnson ist einer der prominentesten Vertreter des Brexit. Aber nach endlosem Streit in der britischen Regierung klingen seine Versprechen nur noch hohl und sein Optimismus haltlos, meint Barbara Wesel.

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Außenminister Boris Johnson bei  Brexit-Rede in London
Bild: Reuters/P. Nicholls

Er fährt sich durch die blonden Wuschelhaare, zitiert die antiken Gesetzestafeln von Hammurabi und erwähnt den liberalen britischen Denker John Stuart Mill. Aber inzwischen kennt man die kleinen rhetorischen Tricks von Boris Johnson: Er kommt mit grandioser Geste daher und verbirgt dahinter intellektuelle Leere und völlige Missachtung der Tatsachen.

Der Außenminister gilt als einer der populärsten Vertreter des Brexit, aber je näher der Ausstieg aus der EU rückt, desto stärker werden die Gegner. Jetzt kämpft Boris um sein politisches Erbe und die eigene Zukunft.

Johnson verspricht goldene Berge

Er verstehe ja die Ängste der Skeptiker vor den Folgen des Brexit, beteuert Boris Johnson. Um sie gleich darauf pauschal vom Tisch zu wischen. Großbritannien würde durch die Abkehr von der EU weder insular, noch strategisch weniger bedeutend. Und im nächsten Atemzug behauptet er kühn, der Handel mit der EU sei gar nicht so bedeutend für die britische Wirtschaft. Die ökonomische Zukunft liege nämlich irgendwo draußen in der weiten Welt, vor allem in Asien. "Global" ist dabei sein Lieblingsschlagwort.

Die wirtschaftlichen Tatsachen haben den Tory-Politiker noch nie angefochten: Die EU ist zwar mit Abstand der größte Handelspartner Großbritanniens, aber das bisschen werden Singapur und die anderen nach dem Brexit doch ohne weiteres ersetzen, oder?

Einmal mehr malt Johnson seinen Landsleuten eine glorreiche und wohlhabende Zukunft ohne Europa aus. Und wenn ihm Ökonomen  oder Journalisten hundertmal das Gegenteil beweisen: Boris kennt die Grundregel der Propaganda. Man muss etwas nur oft genug behaupten, damit es für wahr gehalten wird.

Johnson kämpft um sein Erbe und seine Zukunft

Die meisten Briten kennen inzwischen das angespannte Verhältnis von Boris Johnson zur Wahrheit und seinen laxen Umgang mit wichtigen politischen Entscheidungen. Als Außenminister ist er längst diskreditiert. Aber auch als Chef-Brexiteer hat er jede Glaubwürdigkeit verloren. 

Barbara Wesel Studio Brüssel
Barbara Wesel, DW-Korrespondentin in BrüsselBild: DW/G. Matthes

Wenn ausgerechnet "Boris" also zu Geschlossenheit und Optimismus aufruft, wissen die Brexit-Skeptiker genau, dass ihnen wieder einmal ein X für ein U vorgemacht wird. Es geht ihm vor allem darum, ein zweites Referendum zu verhindern und den eigenen Ehrgeiz zu fördern. Johnson glaubt immer noch, eigentlich sei er zum Premierminister berufen und könne Theresa May am Ende beerben.

Es muss ein harter Brexit werden, so lautet seine Botschaft, sonst wäre alles umsonst. Nur von den Fesseln der europäischen Verträge und Regeln befreit könne sich Großbritannien wie ein Adler in die Lüfte schwingen. So redet nur einer, der von Weltwirtschaft nichts versteht oder sich willkürlich ignorant stellt. Am Ende bleibt nur dummes Gerede vom Großmeister der leeren Versprechen. Alles wird gut? Das sollte man nicht glauben, wenn Boris Johnson der Überbringer der Botschaft ist.

Die Regierung ist und bleibt zerstritten

Johnson durfte jetzt als erster für seinen harten Brexit die Pflöcke einschlagen. Weitere Minister und schließlich die Premierministerin selbst wollen in den nächsten Tagen den Umriss einer Brexit-Strategie darstellen. Sie kommt Monate zu spät, zumal ein glaubhafter Plan nicht zu erwarten ist: Das Kabinett ist und bleibt zerstritten.

Der Brexit sei die wichtigste Entscheidung in der jüngeren Geschichte des Landes, so sagen britische Beobachter. Aber die Regierung in London versagt und ist der Verantwortung nicht gewachsen. Der Kampf um den Brexit zerreißt das Land, spaltet die Tories und vergiftet das politische Klima. Und das kann im Laufe der Verhandlungen mit Brüssel in den nächsten Monaten nur noch schlimmer werden.

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