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Der mexikanische Staat versagt erneut

Herrera Pahl Claudia Kommentarbild App
Claudia Herrera-Pahl
14. Juli 2015

Neben Griechenland und den Atomverhandlungen mit dem Iran hat es auch Mexiko mal wieder auf die Nachrichtenagenda geschafft. Aber die Flucht eines Drogenbosses ist mehr als eine "bunte Meldung", meint Claudia Herrera.

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Mexiko Flucht Drogenboss Guzman
Bild: Reuters

Klar, die Nachricht klingt spektakulär und abenteuerlich: die erneute Flucht von Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzman, diesmal aus dem Hochsicherheitsgefängnis Altiplano. Niemand soll mitbekommen haben, wann er entkommen ist. Niemand soll mitbekommen haben, wie über Wochen oder Monate hinweg ein kilometerlanger Tunnel geschaufelt wurde, durch den der Mafioso entflohen ist.

Ein Abgrund von Inkompetenz und Korruption

Wüsste man nicht, dass dieser Mann der Chef des Sinaloa-Kartells ist, eines der mächtigsten Drogenkartelle der Welt, an dessen Hände direkt oder indirekt das Blut abertausender Opfer klebt, könnte man die Geschichte als typisch mexikanische Folklore belächeln. Aber diese "spektakuläre" Flucht, die wahrscheinlich gar nicht so spektakulär ist, wie sie seitens der Behörden dargestellt wird, öffnet - wieder einmal - eine Tür zum Abgrund. Einem Abgrund von Inkompetenz und noch größerer Korruption, so tief, dass der Atem stockt.

Dass die Gefängnisaufseher und die Gefängnisleitung des Almoloya de Juárez-Gefängnisses nichts von Guzmans Fluchtplänen wussten und nichts bemerkt haben, glaubt nicht einmal der mexikanische Staat. Der hat jetzt gleich 31 Angestellte der Haftanstalt zu Vernehmungen in Gewahrsam genommen. Drei hochrangige Mitarbeiter des Sicherheitssystems wurden sofort entlassen, unter ihnen der Direktor des Gefängnisses, das übrigens laut unabhängigen Experten internationalen Standards entspricht.

Claudia Herrera Pahl Porträt
DW-Redakteurin Claudia Herrera-PahlBild: privat

Sündenböcke gibt es genug, und vor allem in den unteren Ebenen der Verwaltung lassen sie sich leicht finden. Aber es braucht mehr als ein paar "kleine Fische", um diese Flucht zu erklären. US-Medien zufolge hatte die amerikanische Regierung die Mexikaner erst vor kurzem über Fluchtpläne des berüchtigten Drogenbosses informiert. Die mexikanische Regierung dementierte prompt, dass sie von der DEA (Drug Enforcement Administration) derartige Informationen bekommen habe. Jetzt müssen die Behörden also nicht nur den Flüchtling finden, sondern auch noch beweisen, dass sie nicht wussten, dass er fliehen wollte.

Wenn die Regierung aufklären will...

Präsident Enrique Peña Nieto, der zurzeit fern der Heimat auf Staatsbesuch in Frankreich weilt, sprach derweil in Paris von einem "Affront für Mexiko". Seine Ankündigung aufzuklären, ob Staatsbedienstete an der ungewöhnlichen Flucht beteiligt waren, entmutigt allerdings mehr, als dass sie beruhigt. Zu sehr erinnert sie an den Fall der verschwundenen Studenten von Ayotzinapa, der ebenfalls noch nicht aufgeklärt ist - und dabei vor allem die Frage, ob und in welchem Ausmaß örtliche Behörden, die Polizei oder eventuell auch Militärs an der grausamen Entführung und Ermordung der 43 Studenten beteiligt waren.

Das griechische Schuldendrama wird noch lange als Thema auf der Tagesordnung Europas bleiben, klar. Der Iran und die Weltmächte haben sich im Atom-Streit geeinigt - das kann vorerst ad acta gelegt werden. Mal sehen, wie lange das völlige Versagen des mexikanischen Staates noch international die Gemüter bewegt.

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