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Schädliche Rhetorik

Ludger Schadomsky30. Juni 2008

Die Kritik des Westens spielt Mugabe eher noch in die Hände, meint Ludger Schadomsky. Die Lösung ist eher woanders zu suchen.

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Bild: DW

Seit der Vereidigung am Sonntag (29.6.2008) wetteifern Staatenlenker im Westen um den flammendsten Appell, die ernsteste Drohung an die Adresse Robert Mugabes. Doch die Betroffenheitsrhetorik aus Washington, London und New York ist hilflos - und schlimmer noch, kontraproduktiv. Sie spielt dem alten Fuchs Mugabe in die Hände. Eingefrorene Konten und ein umfassendes Waffenembargo – das ohnehin nichts taugt, siehe auch Somalia - würde der Stratege aus Harare einmal mehr als Neokolonialismus umdeuten. Und damit selbst bei jenen Parteikadern punkten, die sich heimlich ein Abdanken des Alten wünschen. Waren es nicht ausgerechnet die Vereinten Nationen, die Mugabe gerade noch zu einem Gipfel zu Nahrungsmittelsicherheit (ausgerechnet!) nach Rom einluden?

Moral verspielt

Tatsache ist: Der Westen hat sein moralisches Pfand gegenüber Mugabe spätestens in den 1980ern verspielt, als er tatenlos dem Hinschlachten zehntausender vermeintlicher Oppositioneller in Matabeleland zusah. Man brauchte Mugabe – als Partner im kalten Krieg und afrikanischen Hoffnungsträger. Seitdem führt er die Staatengemeinschaft am Nasenring durch die Politarena, mit tatkräftiger Unterstützung der Vetomächte Russland und China.

Das Szenario von Scharm El Scheich ist vorhersehbar, die Blaupause liefern die Wahlen in Kenia: Auch dort flog Präsident Mwai Kibaki am Tag nach seiner umstrittenen Vereidigung zum Gipfel der AU, holte sich das Plazet seiner Amtskollegen, um anschließend in eine Übergangsregierung mit seinem Herausforderer einzuwilligen. Eine ähnliche Lösung ist für Simbabwe angedacht, sowohl Mugabe als auch Morgan Tsvangirai haben Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Weg ohne Mugabe aufgezeigt

Dabei hatten Simbabwe-Beobachter im Vorfeld der März-Wahlen einen Weg ohne Mugabe aufgezeigt: Demnach wären Simbabwes Armeechefs – gegebenenfalls mit Amnestie-Versprechen - geködert und zu einem friedlichen Coup motiviert worden. Zugleich wäre dem greisen Präsidenten ein gesichtswahrender Abgang etwa zugesagt worden. Der Plan scheiterte – auch weil Südafrikas Vermittler Thabo Mbeki nicht in die Pflicht genommen wurde und seinen Schulterschluss mit Comrade Mugabe weiter als "Stille Diplomatie" ausgeben durfte. Es hätte genügt, die Stromversorgung durch den staatlichen ESKOM-Versorger einzustellen, um den greisen Diktator in die Knie zu zwingen.

Mit Südafrika steht und fällt das Schicksal Simbabwes, doch es steht zu befürchten, dass Mbeki an seiner Politik festhalten wird. Es ist das große Schicksal Südafrikas, dass dem Versöhner Nelson Mandela – gerade 90 geworden – mit Mbeki ein bitterer, mental noch immer im Freiheitskampf verhafteter Ideologe folgte, den das Schicksal der simbabwischen Nachbarn wenig rührt. Besserung ist erst in Sicht unter Mbekis – voraussichtlichem – Nachfolger Jacob Zuma. Dieser ist zwar ein Populist erster Güte und charakterlich höchst zweifelhaft, in Sachen Mugabe-Kritik hat er Mbeki jedoch längst überholt und wird, wenn im Amt, Tacheles reden.

Akteur China

Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien diskreditiert, Südafrika zu schwach, die Vereinten Nationen einmal mehr in Realpolitik gefangen: Das lässt Raum für einen weiteren Akteur: China. Mit einem Verzicht seiner Blockadepolitik im Sicherheitsrat könnte Peking demonstrieren, dass es Afrika nicht nur als Rohstofflager, sondern, wie gerne behauptet, als strategischen Partner betrachtet. Ein solcher Paradigmenwechsel würde übrigens nicht nur in Simbabwe, sondern könnte auch anderorts Früchte tragen: in Darfur beispielsweise.