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Politik

Der Versuch, das Schlimmste zu verhindern

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Max Hofmann
23. Februar 2017

Die neue Allianz der Mitte ist eine gute Nachricht für alle, die eine Präsidentin Marine Le Pen verhindern wollen. Bei der Wahl in Frankreich droht dennoch weiter der rechtspopulistische Infarkt, meint Max Hofmann.

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Frankreich Paris Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron
Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron - die Hoffnung aller Gegner von Marine Le PenBild: Reuters/P. Wojazer

Was ist eigentlich, wenn sich der einzelgängerische Linksaußen Jean-Luc Mélenchon doch noch entscheidet, den sozialistischen Kandidaten Benoît Hamon zu unterstützen? Aktuelle Umfragen zeigen, dass so ein Bündnis am (sehr) linken Rand des politischen Spektrums von Frankreich ein Potenzial von rund 26 Prozent hätte. Mehr also, als die Konservativen mit ihrem angeschlagenen Kandidaten Francois Fillon. Und wohl auch mehr als Medienliebling Emmanuel Macron - selbst wenn der nun mit dem Königsmacher der politischen Mitte, Francois Bayrou, einen neuen, wichtigen Verbündeten gewonnen hat.

In so einem Fall stünden sich also in der unausweichlichen Stichwahl am 7. Mai wohl Rechtspopulistin Marine Le Pen und Dunkelrot-Sozialist Benoît Hamon gegenüber. Die Wirtschaftsprogramme beider Kandidaten zeichnen sich durch konsequente Abkoppelung von der französischen und europäischen Wirklichkeit aus. Make France great again? Damit bestimmt nicht. Die Wähler hätten dann also die Wahl zwischen Pest und Cholera, was Le Pen vermutlich eine ganz gute Chance gäbe, die zweite Runde der Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Herzstillstand! Nur Mélenchon ist es zu verdanken, dass sich dieses Horror-Szenario wohl wird verhindern lassen. Der alte Haudegen ist genauso stur, wie er links ist. Kooperation ist nicht sein Ding.

Keine Alternativen zu Macron

Ergo: die Franzosen müssen (MÜSSEN!) es hinbekommen, einen Kandidaten in die Stichwahl zu schicken, der für Konservative UND Sozialisten wählbar ist. Vielleicht mit Nase zuhalten und Augen schließen - aber die Abneigung darf nicht zu groß sein! Damit scheidet Hamon aus. Und eigentlich auch Francois Fillon. Der Kandidat der Republikaner hat sich zwar in den Umfragen etwas erholt, aber die Skandalkaskade rund um frühere Beschäftigungen seiner Frau bleibt unentschuldbar. Das sehen auch viele Wähler so.

Damit bleibt nur Emmanuel Macron. Eines vorweg: Der 39-Jährige wird nicht all das einlösen können, was seine beseelten Anhänger von ihm erwarten. Sollte er tatsächlich der französische Obama sein - was so mancher behauptet - dann wohl eher der Obama der späten Jahre, nicht der Messias des US-Wahlkampfs 2008. Trotz aller Nebelkerzen kann Macron auch nicht die ersehnte Entkrustung des französischen politischen Systems verkörpern. Er serviert alten Wein in neuen Schläuchen, auf denen der Name seiner neuen Bewegung "En Marche" glitzert. Fakt ist: Macron war Absolvent der elitären Kaderschmiede ENA, er war Minister in einer desaströsen Hollande-Regierung, er war Investment-Banker. Das sind gleich drei rote Tücher in Frankreich.

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Max Hofmann, Europa-Korrespondent der DW

Ein bisschen Obama

Trotzdem bleibt er die überzeugendste Antwort auf Le Pen. Er hat verstanden, dass es keinen Sinn macht, in den trüben Wassern des Front National nach Stimmen zu fischen, so wie Ex-Präsident und Ex-Kandidat Nicolas Sarkozy. Die Wähler Marine Le Pens scheinen ohnehin kaum noch wahrzunehmen, was sich außerhalb ihrer politischen Sekte abspielt. Sie hören auf Guru Marine, die so schön lächelt und dabei die Giftspritze ansetzt. Le Pen kann in jedem Fall auf ihre Stammwähler zählen, selbst wenn die Justiz ihre Räumlichkeiten durchsucht und ihre Büroleiterin wegen Veruntreuung von rund 340.000 Euro anklagt. Teflon-Marine kann das alles nichts anhaben.

Zurück zu Macron: In sein europafreundliches, weltoffenes, zwischen links und rechts austariertes Programm werden viele Franzosen hineininterpretieren können, was ihnen gefällt. Dafür ist es ausreichend vage und Macron kann sein Charisma und seine persönliche Geschichte als Projektionsfläche nutzen. Das ist dann schon ein bisschen Obama. Dennoch wurden die Herztöne von Macrons Wahlkampf in den jüngsten Umfragen schwächer. Der erfahrene Francois Bayrou hat deshalb die Notoperation eingeleitet und seine Kandidatur zurück gezogen. Es ist ein Stabilisierungsversuch, um das politische Gruselkabinett der restlichen Kandidaten zu verhindern, vor allem aber Marine Le Pen. Der Wahlkampf in Frankreich bleibt offen - trotz dieser Operation.

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Max Hofmann Leiter der Hauptabteilung Nachrichten@maxhofmann