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Die Chancen nutzen!

22. Januar 2007

Das Treffen von Russlands Präsident Putin und der deutschen Bundeskanzlerin Merkel war ein guter Start für die russisch-europäischen Beziehungen in diesem Jahr, meint Ingo Mannteufel in seinem Kommentar.

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Ingo Mannteufel Kommentar

Konkrete Ergebnisse waren beim Besuch von Angela Merkel bei Russlands Präsident Putin in Sotschi ohnehin nicht zu erwarten gewesen. Dafür ist es noch zu früh. Merkel hat als deutsche Bundeskanzlerin seit gerade erst einmal drei Wochen die EU-Ratspräsidentschaft und den G8-Vorsitz inne. Ihr bleiben also noch mehr als fünf Monate, um die europäisch-russischen Beziehungen beim wichtigen Thema Energie voranzubringen.

Deutschland und Russland sind aufeinander angewiesen

Doch auch ohne handfeste Resultate ist das Treffen in Sotschi durchaus als gelungener Auftakt zu betrachten und zwar für beide Seiten. Putin und Merkel haben in einem offenen, aber freundlichen Ton Standpunkte ausgetauscht und schließlich betont, dass sie beim Thema Energie zusammenarbeiten wollen – und das ist richtig. Denn die Energiebeziehungen zwischen Russland und der EU sind kein Nullsummenspiel. Bei diesem Austausch können nur beide gewinnen oder beide verlieren. Weder kann die EU auf die Energieimporte aus Russland verzichten – insbesondere Deutschland nicht, wenn es auf dem Sonderweg bei der Atomkraft beharrt –, noch findet Russland in absehbarer Zeit alternative Abnehmerländer für seine großen Exportmengen. China und andere asiatische Länder werden zwar in den nächsten Jahrzehnten als zusätzliche Empfänger russischer Energie eine wichtige Rolle spielen. Ein komplettes Umleiten russischer Energieströme nach Asien ist aber undenkbar. Das Treffen hat gezeigt, dass Putin wie Merkel dies verstanden haben und an einer verbesserten vertraglichen Absicherung der Energiebeziehungen interessiert sind.

Guter Start für heikle Verhandlungen

Putin sollte daher die Chance, die die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für Russland bietet, nicht verstreichen lassen. Deutschland ist nicht nur – auch mit einer Angela Merkel als Kanzlerin – immer noch der russlandfreundlichste Gesprächspartner in der EU. Zudem ist momentan kaum ein Politiker in der EU mächtiger als die Deutsche - vor allem im Vergleich mit Frankreichs Jacques Chirac und dem britischen Premier Tony Blair, die beide ihren politischen Zenit überschritten haben.

Ein besseres und politisch umsetzbareres Angebot für die europäisch-russischen Energiebeziehungen als von Angela Merkel wird Russland in den nächsten Jahren wohl kaum von der EU bekommen. Und das gilt auch umgekehrt für die EU: Der Deutschlandfreund Putin ist nur noch für gut anderthalb Jahre im Amt. Wer ihm folgt und welche Positionen dieser Nachfolger einnehmen wird, ist unklar. Merkel und Putin haben also in den nächsten Monaten einen schwierigen Verhandlungsprozess vor sich, und dafür hatten sie in Sotschi einen guten Start: Hart in der Sache, aber freundlich im Ton.

Ingo Mannteufel ist Leiter der russischen Online-Redaktion