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Deutschlands neue Instabilität

Peter Stützle14. März 2012

In drei Bundesländern gibt es vorgezogene Neuwahlen. Grund sind unklare Mehrheitsverhältnisse im Mehrparteien-System. Die könnten Berlin noch zu schaffen machen, meint Peter Stützle.

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Symbolbild Kommentar

Jetzt auch noch Nordrhein-Westfalen. Wie schon im Saarland und in Schleswig-Holstein muss jetzt auch im bevölkerungsreichsten Bundesland ein neues Parlament gewählt werden. Jeder Fall ist anders, aber eine Gemeinsamkeit gibt es: Äußerst knappe und komplizierte Mehrheitsverhältnisse. Mit dem Aufkommen erst der Grünen und dann der LINKEN ist eine Erosion der Volksparteien CDU, CSU und SPD einhergegangen, mit der Piratenpartei wird es demnächst womöglich noch komplizierter.
Die Sozialdemokraten hat die Entwicklung besonders getroffen. Erst verloren sie Wähler aus dem linken Bildungsbürgertum an die Grünen, dann Anhänger aus den unteren Einkommensschichten an die Linkspartei. Schwierig ist es für die SPD vor allem in den westlichen Bundesländern, wo die Linkspartei aus ehemaligen Sozialdemokraten und zahlreichen dazugestoßenen Sektierern besteht. Teils aus Gründen der Selbstachtung, teils wegen unvereinbarer politischer Positionen haben die Sozialdemokraten hier bisher Koalitionen mit den LINKEN vermieden. Im Osten, wo die LINKE im Wesentlichen die reformierte ehemalige Staatspartei SED ist, gibt es keine derartige Unvereinbarkeit.

Porträt Peter Stützle
Peter Stützle DW-HauptstadtstudioBild: DW


Wackelige Mehrheiten drohen auch im Bund

In Nordrhein-Westfalen haben SPD und Grüne vor zwei Jahren die Mehrheit knapp verfehlt. Da die Sozialdemokraten weder Juniorpartner der hauchdünn vorne liegenden CDU werden noch mit der LINKEN koalieren wollten, versuchten sie es mit einer rot-grünen Minderheitsregierung. Das ging lange gut, jetzt bei der Abstimmung über den Landeshaushalt aber nicht mehr. Die LINKEN sagten Nein, weil ihnen Rot-Grün zu viel sparte. Liberale und Christdemokraten lehnten ab, weil sie mehr sparen wollten.
Jetzt gibt es in allen drei Ländern Saarland, Schleswig-Holstein und eben NRW Neuwahlen. Im schlimmsten Fall kommen dabei genauso wackelige Mehrheiten heraus. Auf die Bundespolitik hat das zunächst noch kaum Auswirkungen, hier steht eine klare Mehrheit aus CDU/CSU und FDP. Bei der vorletzten Bundestagswahl allerdings hatten wir schon einmal ein Ergebnis, bei dem es für keine der traditionellen Konstellationen, Schwarz-Gelb oder Rot-Grün, reichte, wegen der Linkspartei. Es kam zur Großen Koalition, an deren Ende die Kleinen - Grüne und LINKE einerseits, Liberale andererseits - gestärkt waren. Geschwächt waren vor allem die Sozialdemokraten.
Schon seit kurz nach der letzten Bundestagswahl weisen Umfragen erneut weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün eine Mehrheit aus. Für die Sozialdemokraten bliebe erneut nur die undankbare Rolle in einer Großen Koalition unter Führung Angela Merkels. Oder sie werfen alle Schwüre über Bord und holen doch die LINKE mit ins Boot. Beides keine allzu verlockenden Aussichten.

Autor: Peter Stützle
Redaktion: Bernd Gräßler