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Politik

Die COP25 hält nicht Schritt

Ruby Russell, DW-Autorin
Ruby Russell
16. Dezember 2019

Das Ergebnis der COP25 in Madrid erinnert an die gescheiterte Konferenz vor zehn Jahren in Kopenhagen. Obwohl das öffentliche Interesse und der Druck in der Klimafrage seither massiv gewachsen sind, meint Ruby Russell.

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Spanien Klimastreik COP25 in Madrid
Bild: Getty Images/AFP/O. D. Pozo

Als der Klima-Vertrag von Paris 2015 zustande kam, wurde der als etwas Monumentales, als etwas noch nie da gewesenes gefeiert, weil er die Welt zu einem gemeinsamen Ziel von existenzieller Bedeutung zusammenführe. Dabei war das ja nur ein Anfang. Denn Paris sollte lediglich den Ball ins Rollen bringen. In Paris wurde nichts beschlossen, was die CO2-Emissionen auf ein sicheres Niveau absenken würde. Es war lediglich die Vereinbarung zur Ausarbeitung eines Plans. Seither hat sich das kollektive Bewusstsein für den Klimawandel dramatisch verändert.

Vor vier Jahren hätten Vorhersagen über das nahende Ende der Zivilisation, das Ende des Kapitalismus oder über Menschen, die sich entschieden haben, wegen des Klimawandels keine Kinder in die Welt zu setzen, für die meisten von uns eher schräg geklungen. Doch jetzt sind all das ernsthafte Debatten - selbst im gesellschaftlichen Mainstream.

Ein IPCC- Bericht und Greta Thunberg - der Wendepunkt 2018

Ein Wendepunkt war das Jahr 2018, als uns das wissenschaftliche Gremium der Vereinten Nationen zum Klimawandel mitteilte, dass wir nur noch zwölf Jahre Zeit hätten, um eine Katastrophe abzuwenden. Und eine schwedische Jugendliche ihre Schule verließ, um einen einsamen Protest vor dem Parlament ihres Landes zu beginnen. Seither hat das öffentliche Bewusstsein an Dynamik massiv zugelegt.

Im vergangenen Jahr mündete der Schock über den IPCC-Bericht erstmals in öffentliche Aktionen und Demonstrationen. Überall auf der Welt waren es zuerst Schüler, die sich dem Protest von Greta Thunberg anschlossen. Und es folgten ihnen immer mehr - aus allen Altersgruppen und Lebensbereichen.

Sogar unsere Sprache hat sich inzwischen verändert. 2018 war das Jahr, in dem die Menschen aufhörten, vom Klimawandel zu sprechen, stattdessen war von der Klimakrise die Rede. Mit Extinction Rebellion wandelte sich auch der Klimaaktivismus - vom Plakate hochhalten zum zivilen Ungehorsam.

Es ist herrlich anzusehen, wie sich so viele Menschen für eine gemeinsame Sache engagieren. So viele machen jetzt mit, dass selbst diejenigen, die aufgrund der düsteren Vorhersagen der Wissenschaft bereits verzweifelt waren, wieder Hoffnung haben.

Nun müssen auch die Regierungen aufwachen

Aber um die schlimmsten Folgen der Krise abzuwenden, muss das gemeinsame Handeln der globalen Bürgerbewegung nun auch in ein gemeinsames Handeln von Regierungen münden. Wie die Fridays for Future-Demonstranten müssen sich auch die Politiker weltweit abstimmen und gemeinsam handeln. Genau dafür gibt es die jährliche Weltklimakonferenz COP.

Doch in diesem Jahr, das ein entscheidendes Jahr für die Vereinbarung wirkungsvoller Schritte hätte sein müssen, fehlte dieser Konferenz jeder Esprit. Die Delegationen haben die neue Dringlichkeit, die auf den Straßen spürbar war, nicht begriffen. Stattdessen war die COP ein Routine-Event, selbst in ihrer Unzulänglichkeit erwies sie sich als routiniert. Die COP25 ließ Erinnerungen an das berüchtigte Scheitern der COP15 in Kopenhagen vor genau zehn Jahren wach werden.

Ruby Russell, DW-Autorin
DW-Redakteurin Ruby RussellBild: privat

Selbst einen der wenigen konkreten Schritte, die auf internationaler Ebene bereits vereinbart waren - den globalen CO2-Handel - hat man wieder zurückgenommen. Denn Länder mit hohem CO2-Ausstoß versuchen, das System zu schwächen und sich Schlupflöcher zu schaffen, die den Mechanismus zu einem Muster ohne Wert degradieren würden.

In einem Jahr läuft die Frist ab, in der sich alle Länder zu neuen einschneidenden Schritten verpflichten müssen. Damit die weltweite Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts nicht um rund 3 Grad Celsius ansteigt, sondern die Erwärmung "deutlich unter" 2 Grad" gehalten werden kann. Doch die diesjährige COP-Entschließung entspricht kaum mehr als einem weiteren Versprechen, dass man sich nun noch mehr anstrengen wolle.

Die COP26 steht nun unter heftigem Druck

Der Menschheit läuft die Zeit davon. Das Versäumnis, in diesem Jahr entscheidende Vereinbarungen zu treffen, setzt die COP26 im nächsten Jahr in Glasgow nun heftig unter Druck. Fünf Jahre nach Paris sind alle Länder verpflichtet, ihre deutlich weitergehenden Maßnahmen zum Klimaschutz vorzustellen. Gleichzeitig müssen nun auch noch die Regeln für den bisher so umstrittenen CO2-Handel verabschiedet werden.

Momentan offenbart sich eine riesige Kluft zwischen den Menschen und der Politik. Aber wenn 2019 das Jahr der Klimaangst war, muss 2020 das Jahr sein, in dem die Politik die Menschen wieder einholt. Das Momentum baut sich auf. Das entstandene Bewusstsein für die Probleme des Weltklimas mündet nun in konkreten Forderungen nach Veränderung. Und an diesen Forderungen muss gemessen werden, wen wir in unsere Regierungen wählen und von wem wir uns auf der internationalen Bühne vertreten lassen wollen.

Und wenn die Regierungen nicht bereit sind, harte Entscheidungen zu treffen, müssen sie sich fragen, wo die Hoffnung, aber vor allem auch die Wut der in diesem Jahr entstandenen Klimabewegung münden wird.