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Politik

Scheitern an Venezuela

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
2. Februar 2019

Beinahe hätten die EU-Außenminister eine gemeinsame Haltung zu Venezuela gefunden. Sie haben die Chance verpasst, Oppositionsführer Guaidó zu unterstützen. Der Grund dieses Versagens ist ärgerlich, meint Barbara Wesel.

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Venezuela Anti-Regierungs- Proteste in Caracas
"Humanitäre Hilfe, jetzt", fordern Anhänger des Oppositionsführers Juan Guaidó in VenezuelaBild: Getty Images/AFP/F. Parra

Es ist zum Haare raufen: Da war das Europäische Parlament in Vorlage gegangen und hatte mit großer Mehrheit Oppositionsführer Juan Guaidó als Interimspräsidenten anerkannt und sich damit auf die Seite der "demokratischen Kräfte" in Venezuela geschlagen. Jedenfalls hat das EP damit seine Unterstützung für die Opposition erklärt und dem Gegenspieler von Präsident Maduro zumindest symbolisch den Rücken gestärkt. Denn für Außenpolitik in dieser Form ist das Parlament nicht zuständig - aber es war ein politisches Signal.

Zur gleichen Zeit saßen die Außenminister der EU-Staaten in Bukarest bei einem ihrer regelmäßigen Treffen zusammen. Es gab die Chance, diese Nachricht ein paar Stunden später noch um einen entscheidenden Aspekt zu erweitern: Eine gemeinsame Unterstützungserklärung für die Opposition in dem im Chaos versinkenden Land. Aber die Sache scheiterte am Widerstand eines einzigen Ministers, wie man hinterher erfuhr. Hätte man sich etwas intensiver um den Außenseiter gekümmert, vielleicht ein kleines Gegengeschäft angeboten, wäre Einigkeit möglich gewesen.

Eine überforderte Ratspräsidentschaft

So aber wurde die Möglichkeit für eines der seltenen positiven Signale für Gemeinsamkeit in der europäischen Außenpolitik vertan. Das hat auch mit der schwachen Verhandlungsführung zu tun. Jedes halbe Jahr übernimmt ein anderes Land den Vorsitz in den EU-Ministerräten und bei den Gipfeltreffen. Derzeit hat Rumänien diese Rolle inne, mit seiner von Korruptionsskandalen geschüttelten Regierung und einem eklatanten Mangel an vorzeigbaren und erfahrenen Politikern. Bei der Diskussion über Venezuela zeigte sich leider die ganze Schwäche dieses Systems.

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Barbara Wesel war als Korrespondentin beim Treffen der Außenminister in Bukarest

Finnland hatte angeboten, den schlecht vorbereiteten Rumänen die Ratspräsidentschaft abzunehmen. Aber Bukarest wollte keinen Tausch. Dabei hätte die Regierung in Helsinki den Venezuela-Beschluss ziemlich sicher hinbekommen. Hier traf ein besonders schwaches EU-Mitgliedsland im Vorsitz zusammen mit einem Systemversagen.

Die EU könnte sich in Venezuela durchaus nützlich machen, auch wenn sie dort historisch kaum verankert ist. Denn im Streit der beiden Großmächte Russland und USA um ihre Einflusssphären wäre Raum für die Europäer als Unterhändler und Helfer vor allem für die unter dem völligen Zusammenbruch der Versorgung leidende Bevölkerung. Präsident Maduro hat bislang keinen Zugang für humanitäre Hilfe gewährt. Deswegen geht die Massenflucht weiter. Und Maduro verschärft die Lage im Land jetzt auch dadurch, dass er ausländische Journalisten verhaftet und ihnen die Arbeit unmöglich macht. Alles deutet darauf hin, dass der Kampf zwischen Regime und Opposition jetzt in seine entscheidende Phase eintritt.

Die Entscheidung hätte so einfach sein können

Angesichts dessen sollte es der EU nicht so schwer fallen, Stellung zu beziehen und politische Ambivalenz hinter sich zu lassen. Wie auch immer Moskau und Washington in Venezuela ihre Interessenpolitik definieren - Europa hätte sich mit einer klaren Botschaft auf die Seite der Opposition stellen können. Ein Präsident, der sein Land dermaßen unterdrückt und aushungert wie Maduro, hat jede Legitimität verloren.  Eigentlich hätte die Entscheidung einfach sein können.  

So aber werden fast alle EU-Staaten ihre Unterstützung für Guaidó im Laufe der nächsten Woche nach und nach erklären. So verpufft dann die Botschaft und eine seltene Chance zur Gemeinsamkeit. Auch und besonders in der Außenpolitik gilt, dass Europa stärker ist, wenn es zusammen hält. Dieses Versagen in Bukarest wäre vermeidbar gewesen und ist einfach nur ärgerlich.