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Kommentar Contra

1. Februar 2010

Die Bundesregierung sollte der Versuchung widerstehen und die geklauten Bankdaten nicht kaufen. Denn der Staat darf nicht mit Ganoven gemeinsame Sache machen.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion
Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Natürlich muss die Bundesregierung Steuerhinterziehern auf die Finger klopfen. Sie muss das schon allein aus moralischen Gründen tun: Denn es kann nicht sein, dass der Ehrliche der Dumme ist. Die Ehrlichen sind in der Regel die, die brav ihre Steuern zahlen – und kaum Möglichkeiten haben, dem Finanzamt irgendetwas vorzuenthalten. Und zweitens braucht der Finanzminister dieses Landes wirklich jeden Steuergroschen – denn die milliardenschweren Hilfsprogramme für die Konjunktur und die ach so armen Banken strapazieren den Zustand der Staatsfinanzen in einer Art und Weise, dass einem Angst und Bange werden kann.


Ein unmoralisches Angebot


Das geht vielen anderen Ländern auch so, und daher sind sich natürlich alle einig: Steueroasen müssen ausgetrocknet werden. Auf den Weltfinanzgipfeln des Jahres 2009 wurden schwarze Listen aufgestellt und einheitliche Steuer-Standards gefordert.

Manche Länder knickten in der Tat ein und boten Zusammenarbeit an – vom Ende des Schweizer Bankgeheimnisses war sogar die Rede. Und nun taucht ausgerechnet eine CD auf, auf der die Schweizer Kontodaten von 1500 Deutschen einzusehen sind. 200 Millionen Euro könnte der deutsche Fiskus mit diesen Daten einnehmen und müsste dafür läppische zweieinhalb Millionen bezahlen. Das ist verlockend. Dennoch sollte die Bundesregierung dieser Verlockung widerstehen.

Aber Berlin scheint einzuknicken. Man wolle sich bei der Entscheidung an der Liechtenstein-Affäre orientieren, so heißt es jetzt. Vor zwei Jahren waren auf ähnliche Weise – mit illegal beschafften Daten-CD´s – etliche Steuersünder ertappt worden – allen voran Klaus Zumwinkel, damals Chef der Deutschen Post. Nur: Was schon seinerzeit nicht in Ordnung war, ist jetzt auch nicht besser. Die Daten wurden auf illegale Weise beschafft, und der Staat darf nicht mit Ganoven gemeinsame Sache machen. Daher: Finger weg von geklauten Bank-Daten!

Der Versuchung widerstehen

Es muss anders gehen: Den Druck auf die Banken erhöhen, die Steuersündern ihre Dienste anbieten. Washington hat es vorgemacht: Sie hat der Schweizer Großbank UBS die Pistole auf die Brust gesetzt: Gebt uns die Kundendaten von reichen Amerikanern mit Schweizer Konten heraus – oder wir verbieten euch weitere Geschäfte in den USA. Das hat gewirkt. Die Sache beschäftigt zwar derzeit die Gerichte auf beiden Seiten des Atlantiks – aber die Zahl der reuemütigen Steuerhinterzieher stieg damals sprunghaft an.


Und was auch noch helfen könnte, wäre ein einfacheres, transparenteres und gerechteres Steuersystem in Deutschland. Aber das ist eine andere Geschichte.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Hartmut Lüning