1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Keine Besserung in Sicht

Cornelia Rabitz21. Dezember 2006

Nach dem Tod des turkmenischen Präsidenten Nijasow wird sich die Lage im abgeschotteten Land wohl kaum ändern – auch wenn der Despot seine Nachfolge offen gelassen hatte. Ein Kommentar von Cornelia Rabitz.

https://p.dw.com/p/9b3W

Es war ein plötzlicher, ein unerwarteter Tod. Niemand, so scheint es, war in Turkmenistan darauf vorbereitet, dass auch Präsident Nijasow – der sich selbst zum Turkmenbaschi, Vater aller Turkmenen, ausrufen ließ – sterblich sein würde. Der exzentrische Despot hatte schon zu Lebzeiten für eine Aura der Unsterblichkeit gesorgt. Auf Bildern, Plakaten, in Büchern und den Medien war er omnipräsent. In der Hauptstadt Aschghabad prangte seine überdimensionale goldene Statue. Städte, Flughäfen, sogar Meteoriten, Melonen und Monate wurden nach ihm benannt. Sein pseudo-philosophisches Buch – die Ruchnama – war Pflichtlektüre im Lande. Und seit 1999 war Nijasow Präsident auf Lebenszeit.

Das Volk, in Geiselhaft gehalten von einem stalinistischen Regime, geknebelt, politisch isoliert und indoktriniert, hat nicht spüren dürfen, dass Nijasow schwer krank ist – mithin, dass es ein Leben ohne den Turkmenbaschi überhaupt geben könnte. Jetzt wird man es zu kollektiven Trauerbekundungen rufen. Ein Mausoleum ist bereits gebaut. Ein Übergangspräsident ist bereits benannt. Dennoch breitet sich Ungewissheit aus, was aus Turkmenistan wohl werden wird.

Keine Regelung für die Nachfolge

Eine Nachfolgeregelung hat der Despot selbstverständlich nicht getroffen. Sein Sohn lebt im Ausland und hat noch keine politischen Ambitionen erkennen lassen. Andere Politiker waren lediglich Marionetten im Schatten des großen Präsidenten. Die Opposition wiederum – vertrieben oder in Haft, in jedem Falle marginalisiert und schwach.

Wo also können die Chancen des isolierten Landes liegen? Ist der unerwartete Tod Nijasows ein Signal zum Aufbruch in die Freiheit? Oder drohen Diadochenkämpfe, die Turkmenistan in politische Turbulenzen stürzen? Ein Staat, in dem ausländische Musik und Filme verboten sind, die Reisefreiheit eingeschränkt ist, in dem die Medien vollständig gleichgeschaltet und alle Bürgerrechte außer Kraft gesetzt sind – in einem solche Staat kann Hoffnung auf demokratische Veränderungen nicht gedeihen. Die Chancen, dass es nun zu einer Revolution von unten, einem Bürgerkrieg gar kommen wird, sind daher gering.

Eine geräuschlose Kontinuität der herrschenden Verhältnisse – dies ist wohl die wahrscheinlichste und zugleich schrecklichste Perspektive.

USA und Russland wollen Einfluss behalten

Manch einer freilich wird aufmerksam nach Ashghabad blicken. Nicht nur die Autokraten in den übrigen zentralasiatischen Staaten, die nichts so sehr fürchten wie das Überschwappen demokratischen Gedankenguts in ihre Länder. Die USA und Russland werden versuchen, Einfluss zu behalten. Turkmenistan verfügt über große Gas- und Ölvorkommen. Jede Instabilität wird das Geschäft mit den Ressourcen berühren. Denn das stalinistische Regime Nijasow hat immer eines garantiert: die zuverlässige Lieferung der begehrten Rohstoffe.

Turkmenistan führt nun ein Modell der Machtübergabe im postsowjetischen Raum vor. Einer wird besonders interessiert nach Aschghabad blicken: Russlands Präsident Putin. Er muss in eineinhalb Jahren die Macht abgeben. Und noch ist offen, an wen, wie und was die Folgen sein werden.