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Politik

Grenzen für US-Riesen in Europa

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Fabian von der Mark
26. März 2019

Große Internetkonzerne müssen künftig europäisches Urheberrecht einhalten. Das klingt nach einem Erfolg, aber der Preis ist hoch. Denn die Politik hat Kontakt zu wesentlichen Gruppen verloren, meint Fabian von der Mark.

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BERLIN Protest gegen Uploadfilter und EU-Urheberrechtsreform
Bild: picture alliance/dpa/C. Soeder

Niemand kann ernsthaft bezweifeln, dass in dieser Lage neue Regeln nötig sind: In Europa werden Zeitungsredaktionen geschlossen, gehen Fotografen pleite, knapsen Künstler am Hungertuch. Gleichzeitig setzen Facebook und Google spannende Nachrichten, lustige Fotos und kostenlose Musik auf ihre Seiten, für die sie nichts bezahlen, die ihnen aber Milliardengewinne einbringen.

Die kreativen Europäer liefern den Sprit, der die US-Kommerzmaschine schnurren lässt. Journalisten und Gitarristen verzichten auf ihr geistiges Eigentum, damit Google und Facebook Werbeeinnahmen, Klicks und Nutzerdaten anhäufen können. Die US-Konzerne bezahlen dabei weder die Künstler noch Steuern in Europa, während die Kreativen verarmen. Wie bitte?

Nicht die Kämpfer für Europas Kreative waren auf der Straße

Eigentlich hätte man mit dieser Erzählung Hunderttausende auf die Straße bringen müssen: für neue Regeln; dafür, dass Google bezahlt, wenn es europäische Werke mit Werbung garniert und zu Geld macht. Das Problem: Auf den Straßen Europas waren allein die Gegner des neuen Urheberrechts, nicht die Kämpfer für Europas Kreative. Wie konnte das passieren?

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DW-Korrespondent Fabian von der Mark

Es konnte passieren, weil die Richtlinie nicht nur auf die US-Riesen abzielt, sondern auch kleineren Plattformen in Europa Angst macht. Es konnte passieren, weil eine gefährliche Inhaltskontrolle (Uploadfilter) quasi verpflichtend ins Netz soll und es konnte passieren, weil nicht mit, sondern abfällig über die besonders betroffenen Nutzer gesprochen wurde.

Unter diesen Nutzern sind sicherlich eine Menge schlecht informierte Schmarotzer, die es für selbstverständlich und ihr Recht halten, jeden Inhalt umsonst aus dem Netz saugen zu können. Unter ihnen sind aber auch hervorragende Kenner des Internets mit viel Sachkenntnis und berechtigten Bedenken, mit Ideen für ein neues Urheberrecht. Statt mit ihnen zu reden, wurden sie von EU-Politikern als gekaufte Roboter (Bots) beschimpft.

Die Politik hat Ängste monatelang durchs Netz wabern lassen

Die Befürworter haben es versäumt, für ihre Anliegen zu werben. Sie haben Ängste und Sorgen monatelang durchs Netz wabern lassen - Ängste, die noch verstärkt wurden von mächtigen Lobbyisten. Für die Interessen der großen Konzerne haben auch beliebte Youtuber die Arbeit gemacht. Mit atemberaubenden Reichweiten ausgestattet waren sie die Meinungsführer auf den Schulhöfen - und sind es immer noch.

Die Wut der Netzgemeinde war vor der Abstimmung groß und sie wird jetzt, da das neue Urheberrecht beschlossen ist, nicht kleiner. Den deutschen Regierungsparteien wurde in den vergangenen Wochen auf der Straße und im Internet mit Nicht-Wahl gedroht (#NieMehrCDU). Die Politiker müssen jetzt auf ihre Kritiker zugehen, um für die eigenen Positionen zu werben. Mit mehr Engagement, Empathie und Kompetenz als bisher - sonst bleibt der Graben zur Generation YouTube riesig.