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Politik

Griechenland gegenüber hart bleiben

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
16. Dezember 2016

Der griechische Premier will Wahlversprechen einlösen und Sozialleistungen erhöhen. Doch die Rechnung hat er ohne die Geldgeber gemacht. Nachsicht ist falsch. Und bitte kein neues Griechenlanddrama, meint Bernd Riegert.

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Griechenland Athen Parlament Alexis Tsipras
Alexis Tsipras legt sich wieder mit seinen Gläubigern an - muss das sein?Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Niemand hat etwas dagegen, wenn der griechische Premierminister Alexis Tsipras zu Weihnachten als mildtätiger Gabenbringer ärmeren Rentnern etwas schenken will. Niemand hat etwas dagegen, dass er diese 600 Millionen Euro ausgeben will, um sich innenpolitisch zu profilieren und an der Macht zu bleiben. Wenn allerdings nicht klar wird, wer den Weihnachtsbonus bezahlen soll und woher die auf internationale Finanzhilfen angewiesene Tsipras-Regierung das Geld dafür nehmen will, dann hört der Spaß auf.

Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel jedenfalls ist der linksradikale Wohltäter anlässlich seines Besuchs in Berlin erst einmal abgeblitzt. Das solle er mal lieber mit den Geldgebern besprechen, ließ Merkel ihn wissen. Sie hält sich raus und Tsipras hielt sich zurück. Tags zuvor hatte er noch von Erpressung durch die Europäer getönt und für das griechische Publikum den wackeren Helden gemimt, der sich gegen die böse Troika, also die Gläubiger stemmt.

Harte Regeln, die sich Athen selbst eingebrockt hat

Dabei muss man die griechische Regierung nur an die Regeln erinnern, die sie im Sommer 2015 selbst mit den Geldgebern im dritten Rettungspaket vereinbart hat: Alexis Tsipras darf haushaltsrelevante Entscheidungen nicht selbstherrlich treffen, sondern muss jedes Ausgaben-Gesetz haarklein mit der Eurogruppe und dem Rettungsschirm ESM abstimmen. Diese Regeln sind nicht zufällig vereinbart worden, sondern sie sollen verhindern, dass das Land wieder in die totale Pleite rutscht. Ja, die Regeln sind strikt, aber die hat sich die finanzpolitisch chaotische Truppe in Athen 2015 selbst eingebrockt. In diesem Sinne kann sie nicht souverän handeln.

Riegert Bernd Kommentarbild App
DW-Europakorrespondent Bernd Riegert

Die Wirtschaftsleistung Griechenlands beginnt sich allmählich zu verbessern. Da hat Premier Tsipras durchaus recht. Das kann aber kein Grund sein, ohne Absprache Geschenke zu verteilen. Der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, hat deshalb das einzig Richtige getan: Druck aufbauen und mögliche Schuldenerleichterungen erst einmal zurückstellen.

Noch ist nicht klar, ob die griechische Seite alle Auflagen aus dem dritten Hilfspaket erfüllt. Das Ergebnis der längst überfälligen zweiten Überprüfung wird erst in einigen Wochen vorliegen. Erst dann wird man Klarheit über die Tragfähigkeit der Schulden, eine mögliche Schuldenstreckung und die weitere Beteiligung des Internationalen Währungsfonds haben.

Nur wer sich an Regeln hält, ist glaubwürdig. Nur wer als Staat glaubwürdig ist, kann sich irgendwann auch wieder selbst an den Finanzmärkten refinanzieren. Dieses Ziel soll Griechenland bereits in 18 Monaten erreichen. Wenn die Tsipras-Regierung so weiter macht wie bisher, wird das wohl nichts werden. Dann wäre Hilfspaket Nummer vier fällig.

Die Migrationskrise kann keine Ausrede sein

Es ist richtig, dass das ohnehin gebeutelte Griechenland durch Flüchtlinge und Migranten besondere Lasten trägt. Es ist verantwortungslos, dass andere EU-Staaten nicht genügend Flüchtlinge und Asylbewerber von Griechenland übernehmen, wie das 2015 beschlossen wurde. Es ist aber auch richtig, dass die griechische Verwaltung und die Asylbehörden nach wie vor zu langsam arbeiten und vorhandene finanzielle Hilfen der EU nicht abgerufen werden, um vor Ort wenigstens vernünftige Lager zu bauen.

Auf jeden Fall sollte sich Alexis Tsipras davor hüten, die Migrationskrise als Vorwand für ein Beugen der Kreditregeln zu missbrauchen. Das hat nichts miteinander zu tun. Klar muss sein: Geschenke auf Pump - das geht gar nicht! Sonst könnte zum Beispiel auch die slowakische Regierung auf die Idee kommen, ihre Rentner mit Hilfe europäischer Kredite zu beschenken. Denn auch im Euroland Slowakei sind die Renten niedrig - und zwar niedriger als in Griechenland. 

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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union