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Kommentar: Gut für die Welt, zu wenig für Syrien

Rainer Sollich11. Oktober 2013

Der Friedensnobelpreis geht an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW - eine Ermutigung für deren schwierige Arbeit in Syrien, meint Rainer Sollich.

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Keine Frage, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hat den Friedensnobelpreis verdient. Denn mit dieser Organisation würdigt das Nobelpreiskomitee in Oslo auch die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft insgesamt, einen der grausamsten Waffentypen aus unserer Welt zu verbannen. Eine Waffenart, die Diktatoren wie früher Saddam Hussein im Irak und in jüngster Zeit offenbar auch Baschar Al-Assad in Syrien skrupellos gegen ihre eigenen Bürger eingesetzt haben. Zumindest ist das in Syrien hochwahrscheinlich, auch wenn es bisher keine eindeutigen Beweise gibt.

Rainer Sollich (Foto: DW/Per Henriksen)
Rainer Sollich, Arabische Redaktion der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Ehrung für ein wegweisendes Abkommen

Dass internationale Experten in ein Land gehen und dort im Namen der gesamten Weltgemeinschaft todbringende Waffenbestände beseitigen, daran gibt es nichts zu kritisieren, dies kann man nur begrüßen. Das internationale Chemiewaffenabkommen von 1997 - die Geburtsstunde der OPCW - ist hier tatsächlich wegweisend: Damit wurde erstmals eine ganze Kategorie von Massenvernichtungswaffen geächtet und bestimmt, dass sie unter internationaler Aufsicht zerstört werden soll. Die OPCW versucht dies in Syrien derzeit unter schwierigsten Kriegsbedingungen. Der Friedensnobelpreis ist eine deutliche Ermutigung dafür.

Und Unterstützung hat diese Mission allemal verdient! Das syrische Chemiewaffenarsenal wird auf rund eintausend Tonnen geschätzt und verteilt sich auf zahlreiche Standorte im Lande. Solche Waffen sind nicht nur in den Händen von Diktator Al-Assad eine große Gefahr. Es besteht auch das Risiko, dass extremistische Gruppen aus dem Umfeld der Opposition darauf Zugriff erlangen könnten - bis hin zum Terrornetzwerk Al-Kaida. Gefahr ist also im Verzug - und sie betrifft nicht nur Syrien, sondern die gesamte Region, arabische Nachbarstaaten ebenso wie Israel.

Gewalt mit konventionellen Waffen hält an

Die Preisvergabe des Nobelkomitees darf jedoch nicht dazu führen, dass wir den Syrien-Konflikt auf die Frage der Chemiewaffen verengen. In dem Krieg sind mehr als 100.000 Menschen getötet worden - die meisten aber nicht durch chemische, sondern konventionelle Waffen. Zwar lobt sogar die US-Regierung das Regime für seine Kooperation bei der C-Waffen-Beseitigung. Mit konventionellen Waffen geht es aber weiterhin äußerst brutal gegen seine Gegner vor, einschließlich Zivilisten. Auch oppositionelle Kräfte verüben zunehmend mehr Menschenrechtsverletzungen. Wer den Menschen in Syrien helfen will, darf nicht nur auf die Chemiewaffenarsenale blicken. Benötigt wird eine politische Lösung, die das Töten überhaupt beendet.