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Kommentar Bedford-Strohm

Klaus Krämer11. November 2014

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat einen neuen Ratsvorsitzenden. Die Synode wählte den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Eine kluge Wahl nach unruhiger Zeit, meint Klaus Krämer.

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Heinrich Bedford-Strohm neuer EKD - Ratspräsident
Bild: picture-alliance/dpa/Arno Burgi/

Heinrich Bedford-Strohm ist neuer "Chefdirigent" der Evangelischen Kirche in Deutschland. 106 von 125 Kirchenparlamentariern votierten für den 54-Jährigen - ein überaus deutliches Ergebnis. Und um es gleich zu sagen: Es ist eine gute Wahl. Bedford-Strohm ist gebildet, nahbar, mitfühlend, eloquent. Als Theologe und Sozialethiker genießt er nationales wie internationales Ansehen.

Turbulente Jahre

Mit Bedford-Strohms Wahl beendet die elfte EKD-Synode hoffentlich eine turbulente Zeit. Nach fünf Jahren ihrer sechsjährigen "Legislaturperiode" musste sie nun bereits drei Mal einen neuen Ratsvorsitzenden wählen. Das gab es noch nie!

Dabei standen 2009 alle Zeichen auf Aufbruch, als das Kirchenparlament mit Margot Käßmann erstmals eine Frau an die Spitze wählte. Die Euphorie währte jedoch nur vier Monate. Ende Februar 2010 trat Käßmann nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss von allen kirchlichen Ämtern zurück.

Ihr Stellvertreter, Nikolaus Schneider, damals noch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, übernahm, zunächst kommissarisch das Amt des Ratsvorsitzenden. Im November desselben Jahres wurde er von der Synode für die verbleibenden fünf Jahre bis 2015 gewählt. Ein Amt, um das sich der Rheinländer zu keiner Zeit gerissen hatte. Im Juni folgte dann die Rücktrittsankündigung Schneiders. Der Wunsch, genügend Zeit für die Begleitung und Betreuung seiner an Krebs erkrankten Frau zu haben, ist überaus verständlich und nachvollziehbar.

Zahlreiche Baustellen

Jetzt jedoch braucht die EKD Kontinuität und starke Impulse. Denn eine Vielzahl von schwierigen kirchlichen Partituren müssen intensiv eingeübt werden. Seit 2010 verloren die evangelischen Landeskirchen 900.000 Mitglieder, was nicht nur dem demografischen Wandel geschuldet ist. Kirche wird in den eigenen Reihen, so scheint es, immer unattraktiver. Weniger als vier Prozent der gut 23 Millionen Mitglieder besuchen an einem normalen Sonntag einen Gottesdienst. Der vor acht Jahren mit viel Schwung gestartete Reformprozess "Kirche der Freiheit" hat massiv an Fahrt verloren. Trotz derzeit sprudelnder Kirchensteuereinnahmen werden immer mehr Gemeinden zusammengelegt oder ganz aufgelöst. Zu groß ist die Angst vor finanziellen Dürrezeiten. Die Kirche verschwindet aus der Fläche und damit aus dem Lebensumfeld der Menschen. Unterschiedliche protestantische Strömungen müssen zusammen gehalten und zueinander geführt werden.

Jenseits kirchlicher Grenzen gilt es, die Ökumene mit Katholiken und Orthodoxen zu pflegen. In einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen immer weniger mit dem christlichen Glauben generell und dem protestantischen Profil im Besonderen anzufangen wissen, muss in einer guten Art und Weise für den Glauben geworben werden. Mit Blick auf die großen gesellschaftlichen Debatten muss das Profil geschärft und klar Position bezogen werden. Schutz des Lebens, Sterbehilfe, Umgang mit dem Islam, Friedensethik, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Flüchtlingspolitik, soziale Gerechtigkeit – zu diesen Themen werden von der evangelischen Kirche klare Antworten erwartet.

Klaus Krämer, Fachredakteur der Deutschen Welle für Religion
Klaus Krämer, DW-Fachredakteur für ReligionBild: DW

Begrenzte Macht

Der EKD stehen fraglos ereignisreiche Zeiten bevor. Allerdings ist Bedford-Strom nur für ein Jahr, bis zum Ende der Amtszeit dieser Synode gewählt. Bei alldem bleibt die Macht des neuen Ratsvorsitzenden begrenzt. In die Geschicke der 20 einzelnen Landeskirchen kann er nicht hineinregieren. Zudem ist das Amt des höchsten evangelischen Repräsentanten in Deutschland ein Ehrenamt. Alle wichtigen Entscheidungen werden mit der Synode, den Fachressorts und dem Rat der EKD abgestimmt. Bei den wesentlichen Positionen sind deshalb keine Umwälzungen zu erwarten. Auch Heinrich Bedford-Strohm ist – wie alle vor ihm - "nur" der Dirigent eines vielstimmigen protestantischen Orchesters. Doch interessant wird sein, wie er den Taktstock schwingt und welche Klangfarbe er der jeweiligen Partitur verleiht. Da gibt es dann doch einiges an Gestaltungsfreiheit.